Der Fokus der WP-Prüfung richtet sich demnach nur noch auf die Richtigkeit, Nachvollziehbarkeit und Klarheit (Eindeutigkeit) der Angaben. Zudem übernimmt der WP keinerlei Haftung und die Gutachten dürfen keinesfalls an Anleger weitergegeben werde. Trotz der eingeschränkten Aussagekraft enthalten die IDW-Gutachten aber schon nach bisheriger Lesart weiterhin durchaus wesentliche Informationen für den Vertrieb.
Neben der Bestätigung der Richtigkeit der Angaben kann vor allem die darin enthaltene Prüfung von Prognosen auf rechnerische Richtigkeit und Schlüssigkeit der Annahmen dem Vertrieb einen Großteil der erforderlichen Plausibilitätsprüfung abnehmen.
Nun kommt noch die Entscheidung des OLG Hamburg hinzu, von der Klein berichtet. Demnach enthielt die Beratungsdokumentation eine Klausel, dass der Vermittler den Kunden darauf hinweist, dass er im Rahmen der Plausibilitätsprüfung lediglich das IDW S4-Prospektprüfungsgutachten eingesehen hat, darüber hinaus jedoch keine Recherchen erfolgt sind. Das OLG hat diese Einschränkung als wirksam erachtet.
Ausschluss nein, Einschränkung ja
„Die Vermittlungsdokumentation kann daher auch dazu eingesetzt werden, den Pflichtenkreis des Vermittlers einzuschränken und Haftung zu begrenzen“, resümiert Klein. Ein vollständiger Ausschluss der Plausibilitätsprüfungspflicht stünde demnach grundsätzlich auf wackeligen Beinen, eine Beschränkung auf die Einsichtnahme in das WP-Gutachten ist nach der OLG-Entscheidung aber möglich.
Die IDW-Gutachten erhalten dadurch einen nochmals höheren Stellenwert in Hinblick auf die Vertriebshaftung und müssen wieder selbstverständlich werden. Jeder Finanzdienstleister sollte den Anbieter also zur Vorlage eines solchen Gutachtens drängen – und bis dahin auf den Vertrieb des betreffenden Produkts verzichten.
Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.
Foto: Florian Sonntag
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