Warum der Ölpreis wieder steigen dürfte

Foto: Union Investment
Thomas Benedix, Union Investment: "Im Verlauf der nächsten Wochen und für den Rest des Jahres 2024 erwartet Union Investment, dass sich der Ölpreis in einem Seitwärtsmarkt zwischen 75 und 90 US-Dollar je Fass Brent bewegen dürfte."

EXKLUSIV Öl ist so günstig wie seit langem nicht. Auch Benzin, Diesel und Heizöl sind deutlich gefallen. Aber bleibt das so? Thomas Benedix, Rohstoffexperte bei Union Investment, hat dazu eine klare Meinung.

Der Preis für ein Fass der Ölsorte Brent ist Mitte September unter 70 US-Dollar gefallen – ein neues Jahrestief. Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Die Konjunkturdynamik nimmt seit geraumer Zeit ab. So neigt sich die sogenannte „Driving Season“ in den USA und in Europa im Sommer dem Ende zu, was aktuell die Nachfrage reduziert. Gleichzeitig blieb das Angebot stabil. Risiken wie eine geopolitische Eskalation im Mittleren Osten sind nicht eingetreten. Zudem sind  aufgrund einer hohen Raffinerieauslastung in den Sommermonaten Ölprodukte reichlich vorhanden. Und zu guter Letzt spielten noch markttechnische Gründe eine Rolle: So hatten taktische Investoren offene Positionen auf steigende Kurse geschlossen, teils wurden zusätzlich noch Positionen auf fallende Kurse eingenommen.

Entsprechend fiel der Preis für ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent von etwa 85 US-Dollar Anfang Juli auf jetzt 70 bis 75 US-Dollar.

Im selben Zeitraum sanken die sogenannten Raffineriemargen, also die Differenz zwischen Rohölpreis und dem Preis für das Endprodukt wie Benzin, Heizöl, Diesel, von durchschnittlich etwa 23 auf 16 US-Dollar je Fass. Das bedeutet, dass sich Benzin, Diesel und Heizöl über die vergangenen drei Monate noch stärker verbilligt haben als Rohöl selbst.

Ölpreis dürfte sich wieder stabilisieren

Doch auch wenn die Notierungen angesichts der Unsicherheiten der Marktteilnehmer über die zukünftige Konjunkturentwicklung in den USA weiter schwankungsanfällig bleiben, dürfte der Ölpreis und damit auch der Preis für Ölprodukte nicht viel weiter fallen. Die schwächelnde Nachfrage nach Rohöl und Ölprodukten ist nun bereits ausreichend eingepreist.

Union Investment geht davon aus, dass sich der Energiemarkt in den nächsten Wochen wieder erholt. Die Nachfrage dürfte zunächst weiter schwächeln, aber nicht einbrechen. Denn die globale wirtschaftliche Dynamik lässt zwar etwas nach, aber vor allem in den USA bleibt sie robust. Zudem sind die Lagerbestände vor allem bei Rohöl niedrig. Global liegen sie auf dem niedrigsten Niveau seit zwei Jahren. Die aktuell günstigeren Preise nutzen beispielsweise die US-Regierung und China, um ihre strategischen Ölreserven aufzufüllen. Damit kommen zusätzliche Käufer an den Markt. Hier sollten auch kleinere Abnehmer nicht außer Acht gelassen werden, etwa Privatverbraucher, die angesichts der moderaten Preise ihren Öltank im Keller mit Heizöl füllen. Die zusätzliche Nachfrage bei einem Preisrückgang von 10 US-Dollar beträgt rund um den Globus etwa 500.000 Fässer Öl pro Tag.

Weitere Gründe, die für eine Erholung des Energiemarktes sprechen, sind markttechnischer Natur. So ist am Ölmarkt, an dem vor allem über Terminkontrakte gehandelt wird, die Terminkurve immer noch invertiert. Das heißt, Kontrakte mit längerer Laufzeit sind günstiger als kurzlaufende Kontrakte. Ersetzt ein Investor auslaufende Kontrakte durch längerfristige Verträge, dann entsteht ein Gewinn, die sogenannte Rollrendite.

Hinzu kommt: Der Markt preist aktuell keine Raffinerieausfälle ein, trotz beginnender Hurrikan-Saison in den USA. Daran hat auch Hurrikan „Francine“ wenig geändert, der nur kurzzeitig für Produktionsstopps sorgte. Darüber hinaus hat die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) im September angekündigt, dass sie ihre eigentlich ab dem vierten Quartal geplanten Förderausweitungen für mindestens zwei Monate aussetzen wird.

Diese Gemengelage stützt den Ölpreis. Im Verlauf der nächsten Wochen und für den Rest des Jahres 2024 erwartet Union Investment, dass sich der Ölpreis in einem Seitwärtsmarkt zwischen 75 und 90 US-Dollar je Fass Brent bewegen dürfte. Das klingt schwankungsanfällig, ist im Vergleich zu den „wilden“ Jahren 2020 bis 2023 aber vergleichsweise ruhig. Wer seine Ölvorräte aufstocken will, sollte also besser nicht zu lange warten.

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