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Warum Gold glänzt, aber so wenige Investoren teilhaben

Daniel Arndt
Foto: Fonds Finanz
Daniel Arndt

Vorsichtig ausgedrückt sind nur wenige Anleger direkt oder indirekt in Edelmetallen investiert. Die Frage ist nur warum. Gold-Kolumne von Daniel Arndt, Fonds Finanz

Der Goldpreis ist wahrlich „on fire“. In den letzten zwölf Monaten legte Gold um die 40 Prozent in US-Dollar und 30 Prozent in Euro auf über 3.150 US-Dollar bzw. 2.800 Euro je Feinunze zu. Diese Rallye, die mittlerweile ins vierte Jahr geht, hievte Gold über ein, drei und sogar über zehn Jahre an die Spitze der Performance-Rankings. So übertraf das Edelmetall die relevantesten Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Immobilien. Selbst der für Jahre dominante US-Aktienmarkt, dem ein „Exzeptionalismus“ zugeschrieben wurde, konnte nicht mit dem zinslosen Metall mithalten. Trotz dieser glänzenden Entwicklung haben viele Investoren Gold lange die kalte Schulter gezeigt. Ob große US-Gold-ETFs wie der SPDR Gold Shares, goldgedeckte Zertifikate wie Xetra-Gold, Deutschlands erster Goldfonds Hansagold, oder auch Goldminenaktien-Fonds bzw. -ETFs – Goldprodukte verzeichneten in den letzten drei Jahren en gros Milliarden-Abflüsse.

Dagegen zog allein der größte Aktienfonds Europas, iShares Core MSCI World ETF, im gleichen Zeitraum über 30 Milliarden Euro neue Mittel an. Obwohl bei den Zuflüssen in westliche Gold-ETFs im Februar und März tatsächlich eine Kehrtwende stattfand, bleibt eine gewisse Investorenzurückhaltung bestehen. Vorsichtig ausgedrückt sind nur wenige Anleger direkt oder indirekt überhaupt in Edelmetallen investiert. Die Frage ist nur warum, denn die Preistreiber scheinen nicht nur intakt, sie verstärken sich offenbar.

Mehrere Faktoren könnten die Anlegerskepsis derweil erklären. Einerseits boomten die Aktienmärkte bis Februar 2025, angetrieben durch die Erwartung einer KI-induzierten Produktivitätssteigerung und somit wachsender Profitabilität, vor allem bei den allseits hochgewichteten Technologiefirmen. Der stärkste Realzinsanstieg in 50 Jahren bestärkte ebenfalls die Goldskepsis, schließlich bedeuteten hohe Realzinsen in der Vergangenheit auch hohe Opportunitätskosten für Anlagen wie Gold, die keine laufenden Erträge abwerfen. Zudem dämpfte ein erstarkter US-Dollar die Erwartungen an den Goldpreis, der historisch betrachtet bei einem teureren Greenback stets strauchelte, da die Nachfrage einbrach.


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Doch nicht nur Privatanleger fremdeln mit Gold, vor allem traditionelle Vermögensverwalter tun sich trotz aller Nachweise über die Fähigkeit des Edelmetalls, insbesondere in stürmischen Marktphasen einen Hort der Sicherheit zu bieten, schwer mit einem Investment. Vor allem wird Gold als „unproduktiver“ Vermögenswert angesehen. Fehlende Cash-Flows, so hören wir immer wieder von Fondsmanagern, ermöglichen keine angemessene Bewertung und damit Einbeziehung, zum Beispiel in Multi-Asset-Portfolios. Gleichzeitig gibt es durchaus Fondsmanager, die die Vorteile des Metalls erkannt haben und es in ihren Portfolios allokieren, obwohl auch sie bestimmt nicht die zweistellig prozentualen Zuwächse der letzten fünf Jahre erwarteten.

Der Vermögensverwalter Flossbach von Storch sowie sein Mitgründer und Fondsmanager, Bert Flossbach, gehören zu den bekanntesten deutschen Goldinvestoren. Als „Währung der letzten Instanz“ betiteln die Kölner das Edelmetall, das sie seit fast zwei Jahrzehnten häufig mit über zehn Prozent Portfoliogewicht halten. So war Gold 2024 rechnerisch für etwa ein Drittel der Wertentwicklung des Flaggschifffonds „Multiple Opportunities“ verantwortlich. Aber auch andere milliardenschwere Mischfondsmanager scheuen sich nicht, Gold für ihre Kunden zu erwerben. So nutzen David Cole für seinen „MFS Meridian Prudent Capital“, Klaus Kaldemorgen für seinen „DWS Concept Kaldemorgen“ oder Stefan Rehder für den „Value Intelligence ESG Fonds“ zwischen fünf und zehn Prozent Gold. Was diese vier Mischfonds-Manager gemein haben? Risikomanagement und der reale Erhalt des ihnen übertragenen Vermögens thronen über einer Gewinnmaximierung.

Die geo- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen, unter anderem ausufernde Staatsschulden bei einem gleichzeitig weiter steigenden Investitionsbedarf, haben sich unübersehbar dramatisch verschlechtert. Hinzu kommen anhaltend hohe westliche Inflationsraten, zum Beispiel 2,8 Prozent US-Kerninflationsrate im März, sowie die wachsende wirtschaftlichen Unsicherheit. So stieg die US-Rezessionsgefahr nach der Bekanntgabe des US-Zollhammers bei vielen renommierten Banken über die nächsten zwölf Monate auf mehr als 50 Prozent. Das alles sind starke Argumente für Gold. Nachdem einige große Zentralbanken Asiens, zum Beispiel Chinas und Indiens, sowie des mittleren Ostens, zum Beispiel Saudi-Arabiens, seit 2022 massiv begannen, Gold als Ersatz für FIAT-Währungsreserven zu erwerben, treten 2025 nun osteuropäische Zentralbanken, zum Beispiel Polens, Tschechiens oder Kasachstans, als neue Käufer auf. Zeitgleich wertete der US-Dollar, der gemessen an der Kaufkraftparität zu vielen Währungen noch immer eine Überbewertung besitzt, um über acht Prozent ab. Eine anhaltende Schwäche der globalen Leitwährung, die vor allem auch im Sinne Donald Trumps Politik scheint, könnte zusätzlichen Rückenwind für Edelmetalle bedeuten. Dass große Gläubiger von US-Staatsanleihen, allen voran China und Japan, zunehmend Treasuries verkaufen und die Gelder zumindest teilweise in Gold stecken, ist zwar noch nicht bewiesen, aber mindestens wahrscheinlich.

Blick auf Goldminen richten

Ganz klar, Gold hat einen eindrucksvollen Lauf hinter sich und ist wohl alles andere als günstig. Aber ist es auch überbewertet? Noch scheint keiner der Preistreiber an Fahrt zu verlieren, eher im Gegenteil. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent sollte der Goldpreis Ende 2030 über dem aktuellen Niveau von circa 3.000 US-Dollar je Feinunze liegen, prognostiziert das Incrementum Gold Price Model. Dessen Goldpreisziel liegt bei 4.800 US-Dollar, also etwa 50 Prozent über dem aktuellen Preis. Dass der US-Morningstar-Chefstratege David Sekera zuletzt mit einer Goldpreisprognose von 1.820 US-Dollar, d. h. circa minus 40 Prozent, in fünf Jahren für Aufsehen sorgte, gehört zum normalen Diskurs dazu. Seine Argumente sind an sich nachvollziehbar, aber sind sie auch realistisch? Eine steigende Realrendite durch sinkende Inflationsraten soll Gold den Glanz nehmen. Zudem erwartet er ein steigendes Goldangebot sowie die zunehmende Ersetzbarkeit von Gold bei Industrieanwendungen, aus denen sich aktuell jedoch nur zehn Prozent der Nachfrage ergibt. Während letzteres wahrscheinlich eintritt, scheint die Inflationsthese mit Blick auf die inflationär wirkenden Maßnahmen der Trump-Administration gewagt. In jedem Fall bietet das zu Aktien und Anleihen meist unkorrelierte Gold für Anleger, die für ihre Geldanlage oder gar Altersvorsorge nicht alles auf eine Karte setzen wollen, auch bei hohen Preisen eine attraktive Anlageoption.

Investoren, die weiterhin von einem steigenden Goldpreis überzeugt sind, sollten ihren Blick auf die noch immer stark unterbewerteten Goldminen richten. Deren Aktienkurse liegen im Vergleich zu ihrem Goldbestandswert fast 50 Prozent unterhalb ihres Hochs aus 2020. Ihre Gewinnmargen liegen hingegen bei etwa 1.700 US-Dollar bzw. 55 Prozent des Goldpreises und somit auf Allzeithoch. Während der bekannte Goldminenhebel aufgrund fehlender Finanzinvestoren-Nachfrage in den letzten Jahren überraschend schwach ausfiel, blitzte dieser zuletzt immer wieder auf. Die zaghaft wiederaufblühende Liebe von Finanzinvestoren, die begonnen haben, Mittel aus US-Aktien umzuschichten, könnte dieser ebenfalls unterrepräsentierten Anlageklasse zu mehr Aufmerksamkeit und damit Performancepotenzial verhelfen. Für Anleger in unseren diversen Fonds-Finanz-Portfolios ist eine Goldallokation von über zehn Prozent oder eine Minenallokation von bis zu zehn Prozent seit vielen Jahren Normalität.

Daniel Arndt ist Abteilungsleiter Investment bei der Fonds Finanz Maklerservice GmbH.

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