Es klingt abgedroschen, veraltet und irgendwie nach der Arbeitswelt längst vergangener Zeiten: „Beziehungen sind das halbe Leben.“ Aber sind sie das wirklich? Oder steckt hinter dem Satz nur eine Floskel, ein Kalenderspruch ohne jedwede Tiefe und Bedeutung?
Die Antwort lautet: Gute Kontakte sind das A und O. Das gilt im Job ebenso wie im Privaten: Wer seinen Freundeskreis um Hilfe bittet, zum Beispiel bei einem Umzug, wird an der Resonanz ablesen können, ob er über ein gutes oder ein schlechtes Netzwerk verfügt.
Genauso ist es auch im Beruf: Ein gutes Netzwerk ist wahnsinnig aufwendig, verschlingt unendlich viel Zeit – aber hat auch einen kaum zu unterschätzenden Wert. Doch warum ist Networking so wichtig? Wie baut man ein solches Netzwerk auf, und wie pflegt man es effizient und effektiv?
Netzwerken: Horizont erweitern, Nutzen schaffen
Der Mensch ist ein soziales Wesen, ein Beziehungstier. Menschen leben von gegenseitigem Austausch, vom Miteinander, das hat gerade auch die Corona-Krise gezeigt, die viele Menschen in sozialer Isolation an ihre persönlichen Grenzen brachte. Diese Einbettung in soziale Geflechte spielt im Privaten wie im Beruflichen eine wichtige Rolle: Die meisten Menschen wollen sich unter ihren Kollegen wohl fühlen, die Arbeitsatmosphäre und Kultur werden für Arbeitnehmer immer wichtiger.
Der Austausch in Netzwerken bietet eine gute Möglichkeit, seinen Horizont zu erweitern, neue Erfahrungen zu sammeln, neue Freundschaften zu knüpfen – aber auch, konkreten Nutzen daraus zu ziehen, zum Beispiel auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung. Fast jede dritte Stelle in Unternehmen wird heute über Vitamin B vergeben, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in einer Studie herausgefunden. Umgekehrt nutzen Betriebe inzwischen häufig ganz gezielt die Kontakte ihrer Mitarbeiter, um Bewerber zu finden.
Netzwerk als Zündstoff für den Karriere-Motor
Das Netzwerk als Zündstoff für den Karriere-Motor: Das klingt gut, doch der Nutzen ist nicht umsonst zu haben, sondern funktioniert wie ein Konto: Zunächst mal muss man etwas einzahlen, bevor man wieder etwas abheben kann. Ein gutes Netzwerk erfordert jahrelange Aufbauarbeit und sorgsame Pflege, wie eine Pflanze, die man zunächst lange aufpeppeln, gießen und umtopfen muss, bevor sie vielleicht etwas abwirft oder in ihrer ganzen Pracht aufblüht.
Der Aufbau eines Netzwerks bedeutet zunächst also erst einmal, etwas zu geben, zu investieren: Man muss Kontakte aufbauen, sich immer wieder in Erinnerung rufen, eigene Erfahrungen und aufgebautes Wissen teilen, mit Rat und Tat anderen zu Seite stehen, und das häufig, ohne dass umgekehrt etwas für sich selbst dabei herum kommt. Sich auf Veranstaltungen zu zeigen, Kontakten zum Geburtstag zu gratulieren, ihnen interessante Links zu schicken, deren Beiträge auf LinkedIn zu kommentieren, sie mal zum Essen einzuladen oder einfach mal anzurufen, um sich gegenseitig auf den neusten Stand zu bringen: All das kostet erst einmal viel Zeit, bringt nicht sofort einen Ertrag und macht nicht jedem Spaß.
Doch mit der Zeit zeigt sich, dass ein gutes Netzwerk das Wertvollste für die eigene Entwicklung und Karriere sein kann – und bisweilen auch für das eigene Wohlergehen, weil gute Kontakte ein schönes Gefühl vermitteln. In Zeiten Sozialer Netzwerke ist die Zahl der Facebook-Freunde vielleicht ein Gradmesser für die eigene Bekanntheit, aber eben nicht für eine funktionierendes Netzwerk. Denn gerade in Zeiten des Informationsüberflusses und von oberflächlichen Bekanntschaften bei Instagram oder TikTok sind persönliche Beziehungen wichtiger denn je. Wer also stetig in sein Netzwerk investiert, seine Kontakte pflegt und auffrischt, investiert auch bestens in die Zukunft.
Dabei sollte jeder, der sein Netzwerk entwickeln will, von Anfang an die eigenen Stärken und inhaltlichen Schwerpunkte klar kommunizieren, also Felder, auf denen man selbst Erfahrungen und Wissen hat und andere unterstützen kann. Und dabei darauf achten, nicht lange Zeit damit zu verbringen, sich selbst zu vermarkten, sondern konkret und konsequent anpacken und das Netzwerken ernst zu nehmen. Denn nur wer wirklich Nutzen stiftet, kann von anderen im Netzwerk auch profitieren.
Individuelle versus institutionalisierte Netzwerke
Ein Netzwerk ist höchst individuell, wenngleich es auch institutionalisierte Netzwerke gibt, in denen zum Beispiel Alumni zusammenkommen oder Young Professionals einer Branche. Derlei fest installierte Netzwerke können ebenfalls sehr wertvoll sein, sollten allerdings stets durch persönliche Kontakte ergänzt werden.
Beim Netzwerken kommt es stets auf Quantität an: Je mehr Kontakte Sie haben, umso stärker die Nutzen. Doch mit jedem Kontakt steigt auch der Aufwand, diesen gut zu pflegen. Umso wichtiger ist es, von Anfang an neben der Quantität auf die Qualität eines Netzwerks zu achten sowie auf die Vielfalt und Diversität. Denn ein gutes Netzwerk ist genau so bunt wie unsere Gesellschaft, besteht aus Männer und Frauen, verschiedenen Generationen, Branchen usw.
Ein Netzwerk ist ein Geflecht, dass man sein ganzes Leben über aufbaut, weiter entwickelt, pflegt, verändert und dabei Kontakte hat, die einen das ganze (Berufs-)Leben über begleiten. Und dann gilt auch weiterhin der Satz: „Beziehungen sind das halbe Leben.“
Neugierde | Gehen Sie mit Offenheit und Empathie in Gespräche mit neuen Kontakten! |
Engagement | Investieren Sie Zeit und Leidenschaft in Ihr Netzwerk, es wird sich auszahlen! |
Teilen | Ein Netzwerk ist ein Geben und Nehmen: Teilen Sie Wissen und Erfahrungen, aber nutzen sie dann auch jene Ihres Netzwerks. |
Zeit | Kein Netzwerk lässt sich wirklich nebenher pflegen. Nehmen Sie sich Zeit für das Networking. |
Wahl | Nicht die Zahl der Kontakte allein, auch und vor allem ihre Qualität sind wichtig, treffen Sie also die richtige Wahl anhand festgelegter Kriterien, welche Kontakte Sie langfristig verfolgen wollen. |
Effizienz | Entwickeln Sie Gewohnheiten und Tools, mithilfe derer Sie Ihr Netzwerk pflegen. |
Respekt | Ein respektvoller Umgang und ehrliches Interesse am Gegenüber sind elementar für den Aufbau langfristiger Kontakte. |
Kommunikation | Networking ist Kommunikation, nichts anderes: Reden, austauschen, unterstützen. Das hält ein gesundes Netzwerk am Leben. Doch Netzwerker sollten klar ihre Stärken und Schwerpunkte kommunizieren – und dann die Ärmel hochkrempeln und loslegen. |
Katja Bär ist Gründerin und Geschäftsführerin von FOB, einem familiären Family Office, das Privatpersonen und Stiftungen individuell bei strategischen (Vermögens-)Fragestellungen berät.