Was Emissionshäuser aus der Krise lernen müssen

Die Turbulenzen des weltweiten Finanz- und Wirtschaftssystems haben auch die Branche der geschlossenen Fonds hart getroffen. Zu Recht stellen sich Anleger und Emissionshäuser jetzt die Frage, ob man die wirtschaftlichen Verwerfungen in ihrer Schwere hätte vorhersehen können.

Gastkommentar: Michael Seidel, Vorstand Lloyd Fonds

Michael Seidel
Michael Seidel

Wirtschaftsprüfungsunternehmen wie KPMG kritisieren in diesem Zusammenhang vor allem die mangelnde Krisenerfahrung vieler Initiatoren, die sich zu sehr auf die Einwerbung von Eigenkapital konzentriert hätten und den strukturellen und strategischen Herausforderungen der aktuellen Marktlage nicht gewachsen seien.

Auch die Kollegen von Roland Berger mögen da nicht zurückstehen und sehen die Branche der Schiffsfinanzierer vor einer krisenbedingten, erheblichen Konsolidierungswelle.

Pauschalurteile und Schnellschüsse helfen nicht

Die Frage nach der Verantwortung und der Beherrschung möglicher Risiken ist berechtigt und wichtig. Angesichts der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem schwarzen Freitag 1929 greifen pauschale Schuldzuweisungen und schnelle Rettungsrezepte jedoch zu kurz. Viele Initiatoren müssen sich jetzt zwei grundsätzlichen Aufgaben widmen: eine systematisierte Risikokontrolle überhaupt einzuführen und bekannte Risiken neu zu bewerten.

Viele Risiken, die in der Krise zu erheblichen Belastungen geführt haben, waren prinzipiell zwar bekannt: dazu gehören Platzierungsgarantien ebenso wie gut gefüllte Produktpipelines oder Loan-to-Value-Klauseln in den Kreditverträgen einzelner Fonds. Was sich seither verändert hat, ist die Wahrscheinlichkeit, mit der eines oder alle dieser Risiken eintreffen können und die Schwere ihrer Auswirkungen. Dass Risiken unterschätzt wurden, ist Auslöser und Ursache der Finanzkrise insgesamt – und kein emissionshausspezifisches Problem.

Systematische Risikoerfassung muss gesetzliche Pflicht werden

Wesentlich für die Zukunftsfähigkeit der Branche wird es sein, Risiken im Unternehmen und auf Fondsebene noch systematischer zu erfassen und mit ihrer jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit und ihren potenziellen Auswirkungen konsequenter zu beziffern. Ein solches strukturiertes Risikomanagement und -reporting, wie es börsennotierte Unternehmen qua Gesetz bereits vor 2008 lebten und in der Krise weiterentwickelten, sollte per Regulierung allen Initiatoren auferlegt werden.

Zwar lassen sich Risiken im unternehmerischen Leben nie vermeiden. Aber nur wenn wir in Zukunft mehr Transparenz und Beherrschbarkeit schaffen, werden wir das Vertrauen der Anleger zurückerobern und zeigen, dass wir aus Krisen lernen.

Der Autor ist Vertriebs- und Finanzvorstand beim börsennotierten Hamburger Emissionshaus Lloyd Fonds.

Foto: Lloyd Fonds

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