Was wird aus dem Provisionsverbot?

Insgesamt jedoch sind Finanzdienstleister, die (auch) Honorare in Rechnung stellen, noch in der Minderheit. Darauf jedenfalls lässt das „Vermittlerbarometer“ des AfW schließen, an dem sich laut AfW mehr als 1.000 Finanzdienstleister beteiligt haben, die über eine Erlaubnis nach Paragraf 34d und/oder 34f GewO verfügen.

Demnach gaben von denjenigen, die diese Frage beantwortet haben, knapp 55 Prozent an, keine Honorar-Rechnungen zu stellen (siehe Grafik nächste Seite). Weitere neun Prozent machten keine Angaben, insgesamt also fast zwei Drittel. Doch die anderen Teilnehmer – immerhin gut ein Drittel – stellen bereits Honorare in Rechnung und nannten bei Finanzanlagen als Basis dafür am häufigsten „Betreuung“ und bei Versicherungen das Stichwort „Servicegebühr“, aber jeweils auch Beratung oder Vermittlung. 

„Servicevereinbarungen bieten eine sinnvolle wiederkehrende Einkommensquelle für Vermittler und sorgen für eine deutlich höhere Vertragsdichte. Das diesbezügliche Potenzial ist in der Branche längst nicht ausgeschöpft“, kommentierte Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. Die Praxis habe bereits gezeigt, dass Kunden bei der richtigen Argumentation die Mehrwerte goutieren.

„Hybride Geschäftsmodelle nehmen zu“

Spezialisiert darauf ist Honorarkonzept. Dabei verteufelt Geschäftsführer Heiko Reddmann Provisionen keineswegs. „Provisionen sind die am deutschen Versicherungsmarkt verbreitetste und bekannteste Vergütungsform. Entsprechend haben Provisionen ihre Daseinsberechtigung und sollten nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden“, sagt er. Sie seien allerdings – aus Kunden- und Finanzberatersicht – oft starr und fremdbestimmt.

Heiko Reddmann, Honorarkonzept: „Anteil ‚hybrider‘ Geschäftsmodelle nimmt beständig zu.“ (Foto: Honorarkonzept/Copyright: Marco Bühl)

„Honorare hingegen sind nicht durch Produktgeber vorgegeben und können zwischen Kunden und Finanzberatern individuell und flexibel vereinbart werden. Entsprechend macht es für Finanzberater Sinn, beide Vergütungsformen anzubieten und das eigene Geschäftsmodell auf breite Füße zu stellen“, so Reddmann.

Mit rund 2.500 Finanzberatern arbeitet Honorarkonzept nach eigenen Angaben aktuell zusammen. „Die Mehrheit unserer Partner arbeitet dabei ‚hybrid‘, das heißt, dass sie ihren Kunden die Wahl bei der Vergütungsform lassen“, berichtet Reddmann. Mit Blick auf den Gesamtmarkt sei der Anteil der „hybrid“ arbeitenden Finanzberater noch überschaubar. „Wir bemerken jedoch, dass sich immer mehr Finanzberater – insbesondere die junge Maklergeneration – mit dem Thema Honorar beschäftigen und der Anteil ‚hybrider‘ Geschäftsmodelle beständig zunimmt“, sagt er.

Lohnende Produktbereiche

Besonders bei den Produktbereichen, die eine langfristige und professionelle Betreuung mit sich bringen, könne sich der Honorarweg für Finanzberater und Kunden lohnen. „Dazu gehören beispielsweise die private Altersvorsorge oder Kapitalanlage sowie Themen wie Generationenberatung und Vermögensübertragung“, so Reddmann.

Auch zusätzliche Dienstleistungen, die über das gesetzliche Betreuungsmaß hinausgehen, könnten über individuelle Servicevereinbarungen umgesetzt werden. „Finanzberater können dabei auch unterschiedliche Service-Levels definieren und ihren Kunden quasi selbst bestimmen lassen, wie und in welchem Umfang sie betreut werden wollen“, betont Reddmann. 

Konkrete Beispiele oder übliche Bandbreiten für Stundensätze, Prozentsätze bei volumenabhängigen Honoraren und Pauschalen mag er indes nicht nennen. „Unserer Erfahrung nach sind die Honorarvereinbarungen zwischen unseren Partnern und ihren Kunden genauso individuell wie die Menschen, die sie treffen“, so Reddmann. 

„Provisionsdeckel“ wieder auf der Agenda

Die Kalkulation von Stundensätzen beispielsweise basiere in der Regel auf sehr unterschiedlichen Faktoren wie den eigenen Fixkosten, dem Zeitaufwand, dem Wissenstransfer und so weiter. Auch die finanzielle Situation der Kunden oder die zu investierenden Volumina spielen eine Rolle. „Ich tue mich schwer damit, beispielhafte Pauschalen oder ähnliches zu nennen, da diese mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht repräsentativ für den Einzelfall sind“, erklärt er.

Bis auf Weiteres jedoch steht es Finanzdienstleistern auch frei, weiterhin allein auf Provisionen zu setzen. Allerdings droht möglicherweise von anderer Seite Ungemach: Ein „Provisionsdeckel“ bei Versicherungsanlageprodukten, also eine gesetzliche Höchstgrenze. Auch dieser Eingriff war lange politisch diskutiert worden, ist aber eigentlich vom Tisch, jedenfalls auf EU-Ebene.

„Nachdem die EU das Provisionsverbot abgelehnt hat, treibt die Bafin nun das Thema Provisionsdeckel voran“, berichtet Jörg Kintzel, Vorstand des Vertriebspools Valunique Spirit. „Diese Einmischung finde ich offen gesagt unpassend :Gute Produkte müssen auch gutes Geld kosten – egal ob es sich um ein Auto oder ein Finanzprodukt handelt. Ein Porsche kostet eben mehr als ein VW. Viel wichtiger als der Preis ist der Mehrwert für den Kunden“, so Kintzel weiter.

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