Was wird aus dem Provisionsverbot?

Im Juni kam zudem ein Querschläger aus den eigenen Reihen: Der Maklerverband BDVM kündigte an, dass er sich bei Versicherungsanlageprodukten für die Einführung eines Provisionsdeckels der Abschlussvergütung in Höhe von 25 Promille stark machen werde. Zusätzlich zur Begrenzung beim Abschluss solle eine höhere laufende Vergütung eingeführt werden.

Bei anderen Vermittlerverbänden wie BVK, Votum und AfW sorgte der BDVM-Vorstoß für Kopfschütteln und selbst in den offiziellen Statements für kaum verhohlene Verärgerung. „Ein solch gravierender Eingriff ist weder geeignet, noch sinnvoll und nachhaltig, die Vermittlung privater Altersvorsorge zu fördern“, polterte etwa BVK-Präsident Heinz. 

Doch auch nach einem Treffen mit dem BVK will der BDVM weiterhin an seiner Forderung festhalten – „im Sinne einer Selbstverpflichtung der Branche“, wie der geschäftsführende BDVM-Vorstand Dr. Bernhard Gause nach dem Treffen auf Cash.-Anfrage klarstellte. Ein Gespräch des BDVM mit dem Votum Verband, der die Forderung nach einem Provisionsdeckel weiterhin ablehnt, ist für November vorgesehen, kündigt Votum-Vorstand Klein an.

Weitere Zumutungen in der Kleinanlegerstrategie

Wie auch immer das brancheninterne Scharmützel ausgeht: In der EU-Kleinanlegerstrategie ist auch ein Provisionsdeckel nach aktuellem Stand nicht enthalten. Trotzdem verbleiben einige Zumutungen, die wegen des dominierenden Themas Provisionsverbot in der öffentlichen Diskussion bislang eher in den Hintergrund getreten sind.

Kritisch sieht etwa der BVK, dass der EU-Rat vorhabe, dass künftig Tests zum Preis-Leistung-Verhältnis (Value for money) die Geeignetheit von Produkten für Kunden sicherstellen. Außerdem möchte der EU-Rat die Transparenz der Kosten von Anlageprodukten erhöhen. Damit werden strengere Prüfprozesse für Vermittler einhergehen und die bereits bestehenden Informationspflichten verschärfen, so der Verband.

„Das Konzept des Value for money und von Geeignetheitsmaßstäben (Benchmarks) wird die Vermittlung von Anlageprodukten zusätzlich verkomplizieren, obwohl Kunden in der täglichen Anlageberatung schon jetzt über die Informationsflut stöhnen“, kritisiert Heinz. „Damit würde mehr Bürokratie Vorschub geleistet, anstatt sie abzubauen. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, wer die Benchmarks bestimmt und wie sie kontrolliert werden sollen“, so der BVK-Chef.

33-Seiten-Papier mit Kritik vom GDV

Noch weitaus umfangreicher ist die Kritik des Gesamtverbands der Versicherer (GDV). Sein Positionspapier zur RIS, das auf Mitte September datiert, umfasst nicht weniger als 33 Seiten. Die dort benannten Positionen des GDV teilt auch Votum, „insbesondere auch zum Inkrafttreten der Änderungen durch die RIS“, wie Martin Klein betont. Da maßgebliche Detailregelungen erst auf der zweiten Stufe in Form von Delegierten Verordnungen erfolgen sollen, könne eine Umsetzung von den Marktteilnehmern erst dann verlangt werden, wenn diese Delegierten Verordnungen vorliegen. 

„Bereits der Europäische Rat hatte vorgeschlagen, die Umsetzungsfrist von den geplanten zwölf Monaten auf 30 Monate nach dem Inkrafttreten der Richtlinie zu verlängern. Das Parlament hatte vorgeschlagen, die Anwendungsfrist auf 18 Monate nach der Veröffentlichung der Stufe 2 Maßnahmen (Delegierten Verordnungen) festzulegen“, berichtet Klein. 

Umsetzung wohl erst zur Mitte 2027

„Diesen Vorschlag erachten wir als sinnvoll, so dass im Hinblick darauf, dass die Delegierten Verordnungen sicherlich nicht vor Ende 2025 vorliegen werden, eher damit zu rechnen ist, dass die Veränderungen auf Grund der Retail Investment Strategy in der täglichen Umsetzung erst zur Mitte des Jahres 2027 greifen werden“, so Klein. 

Die Betroffenen haben dann also noch entsprechend viel Zeit, sich auf die Veränderungen vorzubereiten. Das würde auch ein Provisionsverbot betreffen, falls es doch noch den Weg in die EU-Kleinanlegerstrategie finden sollte. Aber danach sieht es derzeit nicht aus.

Dieser Artikel stammt aus der Cash.-Ausgabe 11/2024.

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