Seit Jahren wartet die Branche auf die Vorgaben der EU in Sachen Nachhaltigkeit von Investments. „In dieser Zeit hat sich aus dem Wildwuchs der frühen Jahre eine gewisse stillschweigende Übereinkunft gebildet, was als nachhaltig zu betrachten ist und was nicht“, sagt Voigt. „Atomkraft und auch Gaskraftwerke gehören nicht dazu.“ Deshalb ist dem politischen Theater, das in Brüssel, Paris und Berlin aufgeführt wird, auch bestenfalls nur eine kurze Aufmerksamkeit sicher. „Institutionelle Investoren, die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen, haben für sich Kriterien festgelegt, die ohnehin deutlich über jede EU-Taxonomie hinausgehen“, sagt Voigt.
Die EU-Taxonomie ist insofern das Bio-Siegel der Investmentbranche: Es verbrieft den kleinsten gemeinsamen Nenner, wer es aber richtig nachhaltig will, wählt andere Kriterien. „Die Unterschiede dabei sind gewaltig“, so Voigt. Unbestritten sind Anlagen zur Erzeugung grünen Stroms aus Erneuerbaren Energien eine der Königsdisziplinen der Nachhaltigkeit. Denn hier wird nicht nur eine schmutzige Technik durch eine grüne ersetzt: „Wer grünen Strom zur Verfügung stellt, beteiligt sich auch aktiv am klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft“, so Voigt.
„Die allermeisten institutionellen Investoren streben echten Impact beim Investieren an“, sagt Voigt. „Mit manchen Kunden diskutieren wir über eine vollständige Klimaneutralität aller Stufen im Lebenszyklus eines Investments, setzen diese mehr und mehr um und auf die hohen Standards noch ein gutes Maß drauf.“ Während also jetzt auf EU-Ebene als fauler Kompromiss Gas und Atom als nachhaltig eingestuft werden, wird dies das Anlageverhalten institutioneller Kunden trotzdem nicht ändern.
„Hier wird bestenfalls eine kurzfristige Entlastung für die französische Industrie geschaffen, die jetzt auch den eingesetzten Atomstrom in den eigenen Reportings als nachhaltig verkaufen kann“, so Voigt. „Doch viele Investoren wollen keinen Atomstrom in der Produktion sehen und vermeiden darüber hinaus sogar Firmen, die nur Komponenten zu Atomkraftwerken liefern.“ Darunter hat etwa die japanische Mitsubishi zu leiden, die neben der Herstellung von Solarmodulen eben auch Komponenten für Kernkraftwerke liefert. Sie wird aus einigen Portfolios besonders nachhaltig agierender Investoren ausgeschlossen.
„Das europäische Mini-Bio-Siegel für Investments wurde zu lange diskutiert, die Realität ist bereits an ihm vorübergezogen“, sagt Voigt. „Es mag sein, dass sich noch einige Endkunden von Beratern in Fonds locken lassen, die auch Taxonomie-gesiegelte Investments enthalten“, so Voigt. „Institutionelle lassen sich davon nicht blenden, bleiben bei ihren Strategien und scheren sich um die EU-Einstufung nur im Zusammenhang mit ihren regulatorischen Erfordernissen. Und das ist auch gut so!“