Na? Wie geht es Ihnen? Wo erwische ich Sie gerade? Ich möchte Ihnen heute ein Phänomen aus meiner Beratung* vorstellen, wie es mir am Fürstenberg Institut immer wieder begegnet:
Alle Jahre wieder – kommt für viele nicht das Christkind, sondern der absolute Weihnachtsstress. Nicht ein Geschenk für eine Person, die irgendwann im Jahr Geburtstag hat, sondern Geschenke für alle! Nicht eine Feier, weil jemand ein Sommerfest macht, sondern mehr Feste und Feierlichkeiten, als der Monat Tage hat! Privat, beruflich, religiös, ideell oder traditionell begründet. Dazu die eigenen Ansprüche und Erwartungen der Familie, ganz vorne der Kinder. Wie nun damit umgehen?
Oh, Du Fröhliche? Hier ein paar Gedanken dazu:
Der Ursprung von Weihnachten liegt im Fest der Wintersonnenwende. Schon in der Antike hatten die Ägypter und andere Hochkulturen den 21. Dezember – den Tag der Wintersonnenwende – zum Anlass genommen, die Geburtstage ihrer Sonnengottheiten zu feiern. Heutzutage wird an Weihnachten nun die Geburt Jesus Christus gefeiert. Jesus war eine beeindruckende Persönlichkeit seiner Zeit – er hat die Welt verändert und den Menschen Halt im Glauben an einen gütigen Gott gegeben. Er hat für Mitmenschlichkeit und den Glauben an das Gute im Menschen gestanden. Für Frieden. Für das Kümmern um die Armen und für soviel mehr!
Es gibt also gute Gründe, seinen Geburtstag zu feiern, zusammenzukommen und daran zu denken. Wir bekommen demnach stellvertretend für Jesus zu dessen Geburtstag Geschenke, richtig? Es bräuchte also auch nur eine stellvertretende Kleinigkeit sein. Das wäre allerdings ein Bruch mit einer alten Tradition.
Doch es lohnt sich, hinzuschauen:
Welche Rituale braucht es in dieser Zeit wirklich? Welche geben Ihnen wirklich Halt? Welche machen in Zeiten des Umdenkens im Konsumverhalten noch Sinn? Braucht es noch den Weihnachtsbaum? Den Adventskalender? Den Nikolaus-„Schuh“? Machen Geschenke überhaupt Sinn oder nehmen sie den Sinn von Weihnachten? Macht es Sinn, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt? Warum geben wir Erwachsenen die Lorbeeren eigentlich an den Cola-Mann ab?
Jesus Christus wäre vermutlich entsetzt darüber, wieviel Zwang und Korsett sich die Menschen heute wegen seines Geburtstages auferlegen – all die steifen Rituale, Zwänge und Dekorationen, bereits Wochen vorher. Und dann der ganze Streit darüber, denn jeder hat seine ganz eigene Idee vom Fest. Diese vielfältigen Erwartungen aller um Sie herum können von Ihnen nicht erfüllt werden.
Was nun also tun? Besinnen Sie sich auf sich selbst! Nehmen Sie sich die Zeit und kreieren Sie dieses Jahr ihr ganz persönliches individuelles Weihnachtsfest! Gestalten Sie es sich schön in der dunklen Jahreszeit, kommen Sie zur Ruhe. Suchen Sie mehr Schlaf und tun Sie Dinge, die Ihnen immer schon gut taten!
Die Weihnachtszeit darf die Zeit für Familie und Freunde sein, der Selbstreflektion, positiv und nach vorne gerichtet. Versuchen Sie, Frieden zu finden mit den Dingen, die Ihnen das Jahr über passiert sind und machen Sie die Zeit damit zu Ihrer ganz persönlichen Innenschau und Rückschau. Denn Jesus würde sich vermutlich über jede Art Party freuen. Es sind die Menschen heute, die sich die Bürde der ganzen To-Do’s und Pflichten auferlegen.
Es ist an der Zeit, an den Festen zu rütteln – und damit meine ich nicht die Festen, sondern die Feste. Und wenn für Sie nach einer wahrhaftigen inneren Auseinandersetzung mit dem Fest trotzdem alles bleibt, wie es ist – dann ist es für Sie so wie es ist ja auch gut. Allenfalls können Sie danach die gewohnten Rituale und Traditionen und auch den Stress mehr genießen.
Denn wenn wir uns bewusst für etwas entscheiden, wird es unser. Der Stress fühlt sich dann nicht mehr so ohnmächtig und ausgeliefert an, sondern irgendwie selbst gewählt. Deswegen lohnt es sich, wenigstens mal über das Gewohnte nachzudenken. Es ist immer noch – zumindest traditionell betrachtet – nur ein Geburtstag: der von Jesus Christus.
In diesem Sinne: Frohe, lustige befreite und ganz individuelle Weihnachten wünscht Ihnen Mareike Fell.
Hier fünf einfache Tipps für ein besinnliches Weihnachten:
- Staunen statt erwarten: Stauen darüber, wie andere (aus der Familie) die Dinge handhaben, die wir doch für so selbstverständlich halten, denn ist die Erwartung raus, ist die Enttäuschung eliminiert. Staunen meint allerdings wirklich nur staunen – Sie müssen es nicht gut finden.
- Rituale anpassen: Es muss für Sie, für genau Ihre Familie passen! Wenn Nikolaus, Kirche oder Adventskalender nicht dazu gehören: weg damit! Wenn Lieder singen und schön anziehen für Sie dazu gehört, weil Sie musikalisch sind: rein damit! Nur bitte nichts tun, „weil man das so macht“. Wagen Sie es, alte Traditionen zu hinterfragen.
- Adressat überprüfen: Für wen feiern Sie? Für Sie selbst oder für die anderen, zum Beispiel die Nachbarn oder auch die eigenen Kinder? Machen Sie das Weihnachtsfest zu Ihrem Fest! Tun Sie alles, was Sie tun an diesen Tagen für Sie selbst, dann entstehen beim Gegenüber auch kein doofen Schuldgefühle („Das habe ich nur für euch getan!“). Das ist ein schwieriger Punkt aber wichtig, denn:
- Kinder wollen glückliche Eltern – keine gestressten! Was immer dafür nötig ist. Es ist ihnen egal. Hauptsache es gibt keinen Stress in der Familie – und natürlich Geschenke. Sie können also getrost alles, was Ihnen an Weihnachten immer zu stressig gewesen ist, lassen. Das führt zum letzten Punkt:
- Abgrenzung: Meint: Was will ich nicht? Dann lassen Sie es! Tuen Sie nichts, was Sie nicht aus sich selbst heraus für das Fest machen wollen. Entwickeln Sie ganz individuelle, auf Ihre Weise besinnliche Feiertage – dem Christkind zu Liebe.
*Der Fall wurde mit dem Einverständnis der Betroffenen anonymisiert.
Autorin Mareike Fell ist systemischer Coach und Heilpraktikerin für Psychotherapie und ist als Beraterin und Trainerin in der externen Mitarbeiterberatung für das Fürstenberg Institut tätig. Internet: www.fuerstenberg-institut.de