Welt ohne Kompass?

Bestimmen Klimawandel, Rettungsschiffe im Mittelmeer und E-Roller derzeit das Weltgeschehen? Ein Kommentar von Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch.

Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch

„Wer im August seine Informationen nur aus Tagesschau oder heute journal bezog, bekam zwangsläufig diesen Eindruck. Die eigentliche Tragik besteht darin, dass auch das wahrnehmbare politische Berlin genannte Themen priorisiert, während die deutsche Industrie mittlerweile in der Rezession scheint und die Welt offenbar den Kompass verloren hat.“

 Trump und Johnson schüren Unsicherheit

Donald Trump sorgte mit seinen verbalen Äußerungen sowie viral verbreiteten Thesen für sprunghafte Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Er stellte nicht nur mehrfach Kompetenz und Unabhängigkeit der amerikanischen Notenbank FED in Frage, sondern will sie zur unbedingten Unterstützung seiner Handelspolitik zwingen sowie präventiv zur Abfederung etwaiger negativer Nebenwirkungen.

„Zu groß ist mittlerweile seine Sorge, seine aggressiv und erratisch anmutenden Verhandlungsstrategien könnten die US-Wirtschaft und vielleicht sogar den Globus in eine Rezession stürzen und damit seine Wiederwahl gefährden“, so Böckelmann.

Im Weltbild Donald Trumps dürfe es keine andere Führungsmacht auf der Welt geben außer den USA. Konsequenterweise werde deshalb China zum Feindbild verklärt.

Exemplarisch für die europäische Krise sei Boris Johnson. Böckelmann ist überzeugt: „Mit allen Tricksereien möchte er den Ausstieg aus der EU zum 31. Oktober diesen Jahres ohne jede Rücksichtnahme umsetzen.“ Zwar sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, aber was hier ökonomisch geboten scheine, sei wohl politisch ein Tabu.

 Widersprüchliche Weltbilder

Die Kapitalmärkte haben aus dieser unsicheren Gemengelage im vergangenen Monat eigene Weltbilder entwickelt, die widersprüchlicher kaum sein könnten. Die Aktienmärkte seien nach starken Schwankungen zuletzt wieder getrieben durch Optimismus einerseits, durch Alternativlosigkeit andererseits.

„Insbesondere Aktien in Wachstumsbranchen profitieren von der Hoffnung auf einen erneuten Geldsegen durch die Notenbanken, Wirtschaftsförderungen am Vorabend einer drohenden Rezession sowie der Tatsache, dass nach jüngsten Einbrüchen bei den Renditen der letzte erkannt hat, dass Zinsanlagen keine fundamental zu rechtfertigende Anlagealternativen mehr sind.

Dabei haben einzelne Aktien wieder das Bewertungsniveau vor dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2000 erreicht, vereinzelte Enttäuschungen sind daher vorprogrammiert“, warnt Böckelmann.

 

Seite 2: Die Welt aus Sicht der Zinsmärkte

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