Mehrfachbelastung ist ein Wort, das im Zuge von Schulschließungen und eingeschränkter Kinderbetreuung während der Corona-Krise immer häufiger gefallen ist. Betroffen davon sind meistens Frauen. Frauen, die auch ohne Krise häufig einen täglichen Balanceakt zwischen Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen und Job meistern mussten, waren und sind auf ein funktionierendes Netzwerk angewiesen.
Die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus haben Kontakte und folglich die Netzwerke auf ein Minimum reduziert. Der Alltag geht allerdings weiter. Dieses Ungleichgewicht hinterlässt seine Spuren auch in der psychischen Verfassung der Frauen. Das zeigt der Axa Mental Health Report.
The struggle is real
Schon vor Covid-19 waren mehr Frauen als Männer von psychischen Problemen betroffen. Knapp die Hälfte der Frauen aber nur ein Drittel (33 Prozent) der Männer hatten schon vor der Corona-Krise psychische Probleme. Die Corona-Krise spaltet die Geschlechter nun noch weiter auf. Der Aussage «Ich hatte während der Corona-Krise keinerlei psychische Probleme» stimmt eine deutliche Mehrheit (74 Prozent) der Männer zu. Unter den Frauen sind es mit gut der Hälfte (56 Prozent) weitaus weniger.
„Frauen haben statistisch gesehen generell eine höhere Vulnerabilität, das heißt, ihre Anfälligkeit für äußere Einflüsse und psychische Erkrankungen ist insgesamt höher. Neben der hohen Alltagsdichte bei Frauen sorgt auch die unfreiwillige Isolation für eine zusätzliche Belastung. Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht Nähe und Kommunikation, um sich wohlzufühlen“, erklärt Deniz Kirschbaum, approbierte Psychotherapeutin für Erwachsene und Kinder.
Unfreiwillige Isolation sorgt für zusätzliche Belastung
Das sich verstärkende Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern zeigt sich insbesondere mit Blick auf den zu bewältigenden Alltag. Für fast die Hälfte (44 Prozent) der Frauen, aber nur knapp ein Drittel (31 Prozent) der Männer sind die allgemeinen Herausforderungen und Probleme im Leben durch die Corona-Krise größer geworden.
„Die Auswirkungen der Krise treffen die Menschen in Deutschland unterschiedlich stark. Corona wirkt wie ein Katalysator für Unterschiede in der Gesellschaft“, kommentiert Alexander Vollert, CEO bei Axa in Deutschland, die Studienergebnisse.
Den Optimismus lassen sich mehrfachbelastete Personen allerdings nicht nehmen. Menschen, die während der Krise Verantwortung für andere Personen im familiären Umfeld tragen (zum Beispiel Kinder oder ältere Menschen), sehen der Zukunft positiver entgegen (76 Prozent der „Kümmerer“ gegenüber 63 Prozent unter den „Nicht-Kümmerern”).
Und dies obwohl sich ihre psychische Verfassung während der Krise vermehrt verschlechtert hat (34 Prozent der „Kümmerer“ gegenüber 27 Prozent unter den „Nicht-Kümmerern”). Die Gruppe der „Kümmerer“ schafft es außerdem, etwas Positives für sich aus der Krise zu gewinnen: rund die Hälfte (48 Prozent) gibt an, die Krise habe geholfen herauszufinden, was man im Leben wolle. Unter den „Nicht-Kümmerern” sind es nur rund halb so viele (27 Prozent).
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