Müssen Vermieter ausstehende Raten beim Energieversorger für ihre Mieter zahlen?
Klingelhöfer: Nein. Bleiben Mieter ihrem Energieversorger Raten schuldig, darf der Versorger sich nicht an den Vermieter wenden, um von ihm die ausstehende Rate verlangen. In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof ging ein Versorgungsunternehmen leer aus, als ein säumiger Mieter seine Stromkosten nicht zahlte (Az.: VIII ZR 165/18). Auch das Landgericht Amberg entschied im Fall eines Gasversorgers ähnlich, der vergeblich versucht hatte, die ausgebliebenen Zahlungen vom Eigentümer einzufordern (Az.: 22 O 828/20). Voraussetzung in diesem Fall war allerdings, dass der Mieter die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt hatte.
Was können Vermieter tun, wenn Mieter im Zahlungsverzug sind?
Klingelhöfer: Vor Beginn eines Mietverhältnisses sollten Vermieter von ihren künftigen Mietern eine Bescheinigung über die Mietschuldenfreiheit einholen. Das gibt zumindest eine erste Sicherheit. Nach den meisten Mietverträgen und auch nach der gesetzlichen Regelung muss die Miete bis zum dritten Werktag eines Monats überwiesen werden. Ansonsten kommt der Mieter in Zahlungsverzug. Dann sprechen wir von einem Mietrückstand. Relevant für den Rückstand sind nur die Grundmiete und die Betriebskostenvorauszahlungen.
Wichtig ist auch noch, dass nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VIII ZR 222/15) die Miete zum Stichtag überwiesen werden muss. Sie muss noch nicht auf dem Konto des Vermieters sein. Eine anderslautende Klausel im Mietvertrag ist unwirksam. Heißt: Nur die Überweisung muss fristgerecht getätigt werden. Vermieter sollten deswegen immer ein paar Tage warten, bevor sie auf die Mieter zugehen und den Mietrückstand thematisieren.
Welche Kompromisse gibt es bei einem Zahlungsausfall?
Klingelhöfer: Die Nichtzahlung der Miete kann viele Gründe haben – vielleicht sogar unverschuldet vom Mieter. Zum Beispiel, wenn die Miete vom Amt gezahlt wird. Deshalb ist es sinnvoll, als Vermieter bei Zahlungsausfall oder -verspätung der Miete in einem ersten Schritt das Gespräch zu suchen. Vielleicht findet sich ein unbürokratischer Kompromiss. Zum Beispiel ein Gespräch über finanzielle Hilfe durch Dritte oder auch ein Rückzahlungsplan mit Ratenzahlungen können helfen, Mietschulden zu begleichen.
Wie sollten Vermieter bei Mietrückständen handeln?
Klingelhöfer: Wenn es zu Mietrückständen kommt, sollten Vermieter weder überstürzt noch zu langsam handeln. Ich rate zu folgender Reihenfolge: Ist die Miete eine Woche nach dem Stichtag nicht überwiesen, sollten Vermieter eine Zahlungserinnerung schicken. Ist eine weitere Woche später das Geld immer noch nicht da, ist es Zeit für die erste Mahnung. Eine zweite Mahnung kann zehn bis vierzehn Tage darauf erfolgen. Dann können auch Mahngebühren erhoben werden. Reagiert der Mieter nicht fristgerecht, können Vermieter eine Kündigung aussprechen.
Juristisch ist eine Mahnung zwar nicht notwendig. Da die Miete eine regelmäßige Zahlung mit festen Fristen ist, gerät der Mieter bei Nichtzahlung automatisch in Verzug. Trotzdem ist sie empfehlenswert, um gegebenenfalls ins Gespräch zu kommen und um den Mietrückstand zu dokumentieren.
Wann kann eine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen werden?
Klingelhöfer: Gemäß Paragraf 543 Absatz 2 Nummer 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Vermieter bei Mietrückstand eine „außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund“ aussprechen. Der Mietrückstand gilt dann als ein solcher Grund, wenn die Miete in zwei aufeinander folgenden Monaten nicht zum vereinbarten Termin überwiesen wird oder der Mieter in zwei aufeinander folgenden Monaten dem Vermieter einen nicht unerheblichen Teil der Miete schuldig bleibt. Auch wenn der Mieter dem Vermieter über längere Zeit einen Betrag schuldet, der zwei Monatsmieten entspricht, ist eine außerordentliche fristlose Kündigung möglich.
Ist eine Kündigung vom Tisch, sobald Mieter ihren Rückstand zahlen?
Klingelhöfer: Zahlt der Mieter innerhalb der Kündigungsfrist den Mietrückstand, wird eine fristlose Kündigung unwirksam. Die fristgerechte Kündigung hingegen verliert ihre Wirkung nicht. Trotzdem muss dabei natürlich die Kündigungsfrist berücksichtigt werden.
Lohnt sich ein gerichtliches Mahnverfahren?
Klingelhöfer: Zahlt der Mieter auch nach der Kündigung nicht seine Mietschulden, bleibt dem Vermieter die Option eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Dem sollte eine normale Mahnung des Vermieters mit Fristsetzung vorangehen. Darin kündigen Vermieter bestenfalls auch schon die weiteren gerichtlichen Schritte bei Zahlungsverweigerung an. Mein Tipp: Für die Dokumentation sollte die Zustellung unbedingt per Einschreiben mit Empfangsbestätigung erfolgen oder durch persönliche Zustellung in Gegenwart eines Zeugen.
Ein gerichtliches Mahnverfahren wird beim entsprechenden Zentralen Mahngericht eingeleitet. Die Zuständigkeit entscheidet sich je nach Bundesland. Den Mahnbescheid an den Schuldner verschickt das Mahngericht. Der Mieter hat daraufhin 14 Tage Zeit, Widerspruch einzulegen. Tut er das, ist es für den Vermieter an der Zeit, sich einen Anwalt zu besorgen. Dann folgt das Gerichtsverfahren. Ziel ist ein Vollstreckungstitel. Lässt der Mieter die 14-tägige Widerspruchsfrist verstreichen, kann der Erlass eines Vollstreckungsbescheides beantragt werden. Vermieter erhalten daraufhin den Vollstreckungstitel vom Mahngericht oder beantragen eine Zustellung direkt an den säumigen Mieter.
Aber wo nichts ist, ist nichts zu holen. Hat der Vermieter einen Vollstreckungstitel in der Hand, hat er zwar Recht, aber noch lange nicht sein Geld. Dazu kommen Kosten für das Mahngericht und ggf. für den Anwalt.
Was halten Sie von Inkassobüros oder dem Einbehalten der Kaution?
Klingelhöfer: Natürlich können Vermieter ihre Forderungen an ein seriöses Inkassobüro übergeben. Da der Mietvertrag bzw. das Gesetz eine Zahlungsfrist vorgibt, ist in diesem Fall eine Mahnung keine Voraussetzung für den Verzug des Mieters. Allerdings rate ich auch hier zur Vorsicht: Es ist zwar geregelt, dass Mieter bei Mietrückständen Inkassokosten übernehmen müssen – nicht jedoch, in welcher Höhe.
Eine weitere Option ist die Mietkaution. Grundsätzlich gilt, dass eine Verrechnung von Mietschulden mit der Mietkaution während des laufenden Mietverhältnisses nicht erfolgen darf. Die Rechtsprechung lässt nur sehr enge Ausnahmen zu, in welchen dies dennoch erfolgen kann., z.B. wenn die Forderungen entweder unstreitig sind oder rechtskräftig durch ein Urteil festgestellt wurden. Vermieter sind nach dem Vermieterpfandrecht auch berechtigt, Gegenstände aus dem Privatbesitz des Mieters zu pfänden.
Wann verjähren Mietschulden?
Klingelhöfer: Mietschulden unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (Paragraf 195 BGB). Ein Vermieter hat also drei Kalenderjahre Zeit, die Schulden einzutreiben. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Mietrückstand entstanden ist (Paragraf 199 I BGB).