EZB: Wer über den Nebel hinwegschaut, erhascht einen Blick in eine unangenehme Zukunft

Matteo Cominetta
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Matteo Cominetta, Barings

Matteo Cominetta, Chefvolkswirt am Barings Investment Institute, sieht vor dem Hintergrund der jüngsten EZB-Zinsanhebung um 50 Basispunkte keine rosige Zukunft für die Finanzmärkte

„Die Zinserhöhung der EZB um 0,5 Prozentpunkte und die Pressekonferenz heute waren ein Nicht-Ereignis. In der derzeitigen angespannten Marktsituation ist dies ein Erfolg. Die Absage der am deutlichsten angekündigten 0,5-prozentigen Anhebung in der Geschichte der EZB hätte Angst seitens der Zentralbank vermittelt. Ihre Durchführung bei gleichzeitiger Betonung der Solidität des europäischen Bankensektors hatte hingegen eine beruhigende Wirkung. Ein Beweis dafür ist, dass die Kurse von Staatsanleihen und Aktien des Euroraums stärker von Nachrichten zur Credit Suisse und einer angeschlagenen US-Regionalbank beeinflusst wurden als von irgendwelchen Sprüchen aus Frankfurt. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten.

Blickt man jedoch über den aktuellen Nebel der Spannungen im Bankensektor hinaus, kann man einen Blick in eine unangenehme Zukunft erhaschen. Der letzte Monat hat der EZB weitere Gründe geliefert, die Zinsen zu erhöhen und sie länger hoch zu halten. Die Wirtschaftstätigkeit überraschte positiv und die Kerninflation fiel höher aus als erwartet. Zudem hob die EZB ihre Erwartungen für die Kerninflation im Jahr 2023 erneut an, und zwar von 4,3 Prozent auf 4,6 Prozent. Auch die Wachstumsprognose für dieses Jahr wurde auf 1 Prozent angehoben. Eine Rezession wurde vollständig ausgeschlossen.

Wer glaubt, dass sich die Bankenprobleme nicht zu Schlimmerem für Europa entwickeln werden, muss sich darauf einstellen, dass die Zinssätze der EZB deutlich über dem liegen werden, was die Märkte derzeit einpreisen. Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde erklärte, dass die Projektionen vor dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank erstellt wurden, so dass sie mit erheblicher Unsicherheit behaftet sind. Bezeichnenderweise sagte sie auch, dass – sollten sich die Basisprojektionen bewahrheiten – noch viel zu tun ist, um die Inflation wieder auf ein wünschenswertes Niveau zu bringen. Dies bedeutet, dass eine letzte Anhebung um 0,25 Prozentpunkte wahrscheinlich nicht ausreichen wird, um dieses Ziel zu erreichen. Da die Märkte derzeit nur das erwarten, scheint die Zukunft entweder eine Bankenkrise oder einen großen Schock für die EZB-Zinsen bereitzuhalten. Beides ziemlich unangenehm.“

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