Digitale Transformation: So meistern die Versicherer die Mammutaufgaben

Rasmus Lynge, Chief Product and Technology Officer bei Fadata
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Rasmus Lynge, Chief Product and Technology Officer bei Fadata

Versicherer im Wandel: Digitalisierung, alte Systeme, steigende Kosten und neue Kundenerwartungen fordern die Branche. Wie der Spagat zwischen Innovation und Effizienz gelingen kann.

Die deutsche Versicherungsbranche sieht sich derzeit vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Vor allem die steigenden Schadenaufwendungen in vielen Sparten stellen ein Problem dar, gerade bei der Kfz-Versicherung. Julia Wiens, Chefin der Versicherungsaufsicht bei der BaFin warnte im Interview mit „Aktuar Aktuell“ im September 2024 bereits und konstatierte, dass „zwangsläufig Prämienerhöhungen und Reserveanpassungen erforderlich“ seien.

„Nur mit Prämienanpassungen zu reagieren, wird der Versicherungsbranche mittel- und langfristig kaum helfen, die Kostenentwicklung in den Griff zu bekommen und die anstehenden Aufgaben zu bewältigen“, betont Rasmus Lynge, Chief Product and Technology Officer (CPTO) bei Fadata. „Um sich zukunftssicher aufzustellen und die Wettbewerbsposition zu stärken, werden umfassende Modernisierungsmaßnahmen, die auf eine durchgehende digitale Transformation abzielen, unserer Meinung nach unerlässlich sein.“ Der CPTO von Fadata sieht vor allem in vier Bereichen einen großen Handlungs- und Verbesserungsbedarf.

Digitalisierung vorantreiben

Zu einem müsse die Digitalisierung vorangetrieben werden: Die Digitalisierung mit einer Prozessoptimierung und -automatisierung gehöre zu den Kernaufgaben, denn eine höhere Agilität, Flexibilität und Geschwindigkeit ist für ein modernes Versicherungsunternehmen unverzichtbar. Ein entscheidender Punkt ist laut Lynge dabei eine intelligente Datennutzung.

Die Aufgabe bestehe darin, die Daten zugänglich und nutzbar zu machen, und zwar sowohl historische und aktuelle als auch statische und Echtzeit-Daten. Dabei gehe es nicht nur um die versicherungseigenen Daten, sondern auch um Trendinformationen und Daten von Drittanbietern, die eingebunden werden können.

Legacy modernisieren

Zweitens müssten die Legacy-Systeme sukzessive modernisiert werden: Jede Digitalisierung erfordert laut dem Fadata-Experten immer auch die adäquaten Applikationen und Services, etwa mobile Apps und Kundenportal-Lösungen. Im Hinblick auf die Backend-Systeme ist dabei vielfach die Modernisierung der vorhandenen – teilweise seit Jahrzenten genutzten – Legacy-IT-Systeme unvermeidlich.

Eine umfassende Digitalisierung ist laut Lynge nur mit einem modernen System zu erreichen, das einen hohen Automatisierungsgrad aufweise und damit die Prozessoptimierung unterstütze. Dabei geht der Trend in Richtung Standardlösungen, die über ein breites Funktionsspektrum verfügen, sofort einsatzbereit sind und einfach – sogar „out of the box“ um neue Produktangebote erweitert werden können. Best Practices zeigen, dass ein Versicherer bei der Modernisierung prinzipiell ein stufenweises Vorgehen wählen sollte, und zwar mit der sukzessiven Anpassung einzelner Geschäftszweige.

Kosten senken

Drittens müssen die Kosten müssen gesenkt werden: Laut Fadata ist die Kosteneffizienz ein beherrschendes Thema. Auch hier spricht nach Ansicht des Software-Anbieters viel für die Einführung einer standardisierten Versicherungsplattform mit hohem Automatisierungsgrad. Unternehmen können damit die IT-Kosten zum Beispiel durch die Automatisierung der Datenanalyse und des Dokumenten- und Datenmanagements entscheidend minimieren.

Auch die Nutzung neuer Technologien könne zu einer Kostensenkung beitragen, betont das Softwarehaus. Von Bedeutung seien vor allem KI-Lösungen. Sie dienten etwa zur Vereinfachung und Beschleunigung der Betrugserkennung und -prävention oder zur automatisierten Analyse von Schadensfotos, die zu einer Verbesserung der Genauigkeit bei Schadensregulierungen und zu einer deutlichen Prozessbeschleunigung führt. Generell können Versicherer mit KI-Lösungen fundiertere Entscheidungen treffen. Auf dieser Basis wird zum Beispiel ein maßgeschneidertes und flexibles Underwriting möglich, zeigt sich Fadata überzeugt.

Der Kunde muss in den Fokus

Und viertens gilt es, die Kunden in den den Fokus rücken: „Die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden hat sich geändert“, so Lynge. Sie seien durch die Nutzung moderner, mobiler Anwendungen gewohnt, schnell und einfach das Benötigte zu bekommen. Auch von ihrem Versicherer wünschten sie sich ganzheitliche Serviceangebote und einfache, umfassende Lösungen.

„Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, sind heutige Generationen auch schneller bereit, ihren Versicherer zu wechseln. Eine maximale Kundenzentrierung ist folglich ein Gebot der Stunde“, sagt Lynge. Das bedeutet zum Beispiel, dass Versicherer den Weg der Hyperpersonalisierung mit der persönlichen Ansprache von Kunden einschlagen sollten, in der der Einzelne mit seinen individuellen Anforderungen und Wünschen im Vordergrund steht.

„Letztlich können Versicherer nur mit einer umfassenden Digitalisierung die Zwänge veralteter Technologie und schwerfälliger Prozesse beseitigen und zu kundenorientierten Produktangeboten übergehen“, so Lynge. „Hinsichtlich der Versicherungsplattform werden vor allem Standardlösungen in der Cloud im SaaS-Modell eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Sie bieten den Versicherern eine Fülle von Vorteilen wie Effizienz und Flexibilität, eine erhebliche Prozessoptimierung und vor allem auch einen einfachen Zugang zu Funktionen über ihr eigentliches Kernsystem hinaus.“

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