Als Finanzdienstleister oder Berater schaut man immer wieder in ablehnende Gesichter. Die Branche leidet nach wie vor unter einem schlechten Image, wie Studien regelmäßig belegen. Viele Bürger halten Finanzberater offenbar für Geldhaie, die vor allem um den eigenen Profit und weniger um den Kunden bemüht sind. Doch es wird Zeit, endlich Schluss zu machen mit diesen pauschalen, falschen Vorurteilen, die seit der Finanzkrise 2008 verstärkt aufgekommen sind und seitdem von Politikern, aber zum Teil auch von Medien gepflegt werden.
Dass Finanzdienstleistungen in Deutschland oft naserümpfend betrachtet werden, ist für Vertreter der Branche ein Problem. Schließlich wird ihnen meist völlig unverschuldet das Gefühl gegeben, sie müssten sich schämen, nur weil sie anderen Menschen helfen, ihre Finanzen zu regeln. Und genau das tun die Deutschen immer noch zu wenig; dazu muss man nur schauen, wie viele Billionen Euros auf Sparkonten schlummern, wo sie womöglich wegen teils negativer Zinsen, mit Sicherheit aber aufgrund der hohen Inflation faktisch an Wert verlieren.
Diese Tatsache zeigt: Nicht nur die Berater selbst leiden darunter, sondern auch die Verbraucher. Wenn sich die Politik nach einer in den USA entstandenen Finanzkrise jahrelang von der Finanzbranche abwendet und sie mit teils übertriebenen, verbraucher-unfreundlichen Regulierungen belastet, dann leidet am Ende vor allem der, für den die Berater grundsätzlich da sind, nämlich der Kunde. Der braucht Unterstützung, wenn er mit seinem Geld etwas Sinnvolles anfangen will. Diese Unterstützung erhält er von seriösen, gut ausgebildeten Finanzdienstleistern.
Es liegt also absolut nicht nur im Interesse der Branche selbst, dass sich an der Wahrnehmung etwas ändert, es ist sogar im Interesse der Allgemeinheit. Schließlich steht unsere alternde Gesellschaft in Deutschland vor einem gewaltigen demografischen Problem, das Folgen für die Sicherung der Altersvorsorge haben wird. In Kombination mit der Sparer-unfreundlichen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank braucht es Berater, um Menschen auf ihren wohlverdienten Ruhestand vorzubereiten.
Die Politik hat der Branche jahrelang die kalte Schulter gezeigt
Das Dilemma ist: Gerade Finanzdienstleister haben sich in den vergangenen Jahren stark bemüht, ihr Image aufzupolieren. Das betrifft zum Beispiel das Thema Ausbildung, in die die Branche zuletzt massiv investiert hat. Teils wurden zahlreiche eigene Akademien und Seminarhäuser von den Unternehmen installiert, die fast alle anderen Branchen in Sachen Qualität und Quantität deutlich übertreffen.
Doch leider, und insofern ist das Imageproblem auch ein stückweit hausgemacht: Die Branche spricht nicht darüber. Viele Unternehmen haben sich zurückgezogen, ihre Kommunikation noch stärker heruntergefahren, die Mauern hochgezogen und sich dahinter verschanzt, aus Angst, wieder und weiter Prügel zu beziehen. Doch diese Zeiten müssen endlich vorüber sein. Die Mauern müssen eingerissen werden, Finanzberater sollten wieder erhobenen Hauptes über ihren Job, ihre Branche und ihre Leistungen sprechen und diese anbieten und verkaufen dürfen.
Die Politik hat der Branche jahrelang die kalte Schulter gezeigt und sich in ihrer Haltung eingerichtet, Finanzdienstleister als böse Buben und Mädchen zu bezeichnen, die nur ihre eigenen Boni und Gehälter sowie schnelle Gewinne im Sinn haben. Sicher: Es gibt auch unter Finanzberatern schwarze Schafe. Aber erstens gibt es die in jeder Branche. Und zweitens schreckt doch gerade ein Image, das den seriösen Anbietern in keiner Weise gerecht wird, die ehrlichen, ambitionierten Player ab. Umso wichtiger, den Spieß hier schnell und konsequent wieder herum zu drehen.
Dazu gehört auch, wieder für die eigene Sache selbstbewusst einzutreten. Offen zu sagen, wie hoch die Honorare sind, aber auch dafür einzustehen, dass diese gerechtfertigt sind, weil dahinter kluge Konzepte, ehrliches Engagement, viel Leidenschaft für diesen Beruf und auch Aufwand neben Backoffice-Teams stehen. All das muss nicht nur bezahlt werden, sondern ist sein Geld auch wert.
Die Branche darf jetzt auch nicht stehen bleiben
Gerade Führungskräfte großer Häuser sollten nicht länger den Kopf senken und demütig um Verständnis werben, wenn in den obersten Etagen gute Gehälter gezahlt werden, sondern sollten diese Gehälter in Relation stellen zu den Leistungen und Erträgen, die hier erwirtschaftet und erbracht werden. Die Führungsebene muss endlich ihre Schneckenhäuser verlassen und den Vertrieblern auf der Straße, denen Tag für Tag der Wind ins Gesicht bläst und die permanent unter schlechter Behandlung leiden, den Rücken konsequent und lautstark stärken. Es wäre ein Signal, das der Branche gut tun würde.
Und dennoch, auch das sei gesagt: Die Branche darf jetzt auch nicht stehen bleiben. Die Beratungen und die Produkte werden immer komplexer, also müssen Berater auch das Rüstzeug und die Rahmenbedingungen bekommen, die sie brauchen, um im Vertrieb erfolgreich zu sein. Das bedeutet auch, dass die Scheu zwischen Berufen aus der Rechts- und Steuerberatung auf der einen und aus der Finanzberatung auf der anderen Seite abgebaut werden müssen und beide Seiten Hand in Hand arbeiten müssen, zum Wohle des Kunden. Offenbar herrscht bei vielen Rechts- und Steuerberatern noch die Meinung vor, dass sie auch für die Finanzberatung zuständig seien. Doch die Produkte und Regulierungen sind heute viel zu komplex, um diese Vermischung noch zu akzeptieren. Es braucht eine saubere Trennung, zugleich jedoch auch eine enge Zusammenarbeit.
Zu guter Letzt müssen auch die Finanzämter und Gerichte endlich in der Realität ankommen. Die absolute finanzielle Sicherheit in Form festverzinslicher Anlagen existiert nicht mehr, da helfen auch keine Gerichtsurteile dazu, dass die Altersvorsorge am besten auf diesem Weg stattzufinden habe. Das Thema betriebliche Altersvorsorge ist von großer Bedeutung, es muss mehr Aufmerksamkeit erhalten und mit mehr Ernsthaftigkeit und Konsequenz verfolgt werden, sonst droht Zehntausenden von Deutschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, die Altersarmut. Um das zu verhindern, müssen die Finanzämter und Prüfer besser geschult werden. Denn wenn die Prüfer nicht wissen, welche Produkte am Markt tatsächlich aktuell auch mit den Gesetzen vereinbar sind, dann schadet das nicht nur den Kunden, sondern einem kompletten Wirtschaftszweig.
Die Finanzberatung in Deutschland muss raus aus der Schmuddelecke, zurück ins Scheinwerferlicht. Es geht nicht darum, sich dort selbstgerecht zu sonnen oder hohe Gewinne einzufahren. Es geht darum, den Menschen die dringend nötige Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie in der Lage sind, ihre Finanzen so zu regeln, dass sie ihren Lebensstandard halten und glücklich und zufrieden altern können.
Autor Jörg Kintzel ist Vorstand der Valuniq AG.