EXKLUSIV

Wie versichert man die größte Modelleisenbahn der Welt, Herr Braun?

Sie betreiben auch einen Onlineshop. Haben Sie eine Cyber-Versicherung?

Braun: Unsere IT wird von meinem besten Freund geleitet, er ist ein absoluter Computer-Nerd mit besten Kontakten. Er lässt unsere Systeme regelmäßig prüfen. Ich bin mir daher sicher, dass wir dort extrem gut aufgestellt sind. Allerdings erfüllen wir nicht die typischen Anforderungen, die Versicherungen wünschen. Diese Anforderungen stehen oft im Widerspruch zu unserer Realität. Deshalb wäre eine Cyber-Versicherung für uns nur mit großem Aufwand umsetzbar. Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, weil ich meinem besten Freund vollkommen vertraue. Wir hatten bereits Angriffe, aber unser System hat alles abgefangen.

Gab es bereits Vorfälle, bei denen Ihr Versicherungsschutz eine entscheidende Rolle gespielt hat?

Braun: Sachschäden hatten wir bisher keine. Aber es gab Personenschäden. Einmal hat eine Brandschutztür ausgelöst – vermutlich durch eine Funkstörung. Eine Besucherin geriet ins Straucheln und brach sich kompliziert das Knie. Das wurde zu einer langwierigen Geschichte, weil ich sofort reagiert und mein Mitgefühl ausgedrückt habe. Im Nachhinein war das aus Versicherungssicht nicht ideal, weil ich damit quasi die Schuld eingeräumt habe. Am Ende wurde der Fall geregelt und die Versicherung hat gezahlt.

„Eine Cyber-Versicherung wäre für uns nur mit großem Aufwand umsetzbar.“ (Foto: Florian Sonntag)

Wie integrieren Sie ein Risikomanagement in den Betrieb des Miniatur Wunderlands?

Braun: Ich habe niemanden, der mir regelmäßig Berichte liefert, ob das Risiko steigt oder sinkt. Das Miniatur Wunderland funktioniert nicht nach klassischen Unternehmensstrukturen – das war schon immer so. Unternehmensberater würden hier vermutlich 100 Stellen streichen. Unser jüngerer Bruder hat während des Studiums hier gejobbt und für mich einen Bericht geschrieben. Die Überschrift: „Das Prinzip der Unwirtschaftlichkeit“. Ich wollte ihn erst nicht lesen, doch dann traf er mich wie die Faust aufs Auge. Er beschrieb genau, was unser Unternehmen ausmacht: Freiheit! Wir kontrollieren nicht, ob jemand im Homeoffice wirklich arbeitet. Unsere Modellbauer gestalten auch die Rückseiten der Anlagen – obwohl sie niemand sieht. Für sie ist es essenziell, weil sie sich künstlerisch verwirklichen. Diese Freiheit erzeugt Energie und Freude, die sich auf unsere Besucher überträgt. Natürlich machen wir auch Dinge, die sich finanziell nicht lohnen. Manchmal kostet eine Aktion 30.000 oder 40.000 Euro – aber sie macht Spaß. Und das reicht uns als Grund. Was würden Sie mir denn empfehlen? Welches Risiko sehen Sie? Eine Pandemie, die unsere Einnahmen wegbrechen lässt? Eine Sturmflut, die die Eichenpfähle unter unserem Gebäude unterspült? Dafür ein klassisches Risikomanagement zu installieren, halte ich für unnötig. Mein Risikomanagement bin ich selbst. Ich halte Augen und Ohren offen. So hatten wir uns im Februar 2020 bereits komplett auf Corona eingestellt. Zwei Wochen vor dem ersten Lockdown war ich bei einer Veranstaltung für Hamburger Gastronomen. Da hatten wir unser Team schon auf Kurzarbeit vorbereitet und zugesichert, dass wir finanziell unterstützen, wenn nötig. Die Gastronomen dort hielten das damals für völlig übertrieben – sie konnten sich nicht vorstellen, dass eine Krise auf uns zukommt. Das beste Risikomanagement ist für mich nicht, Berichte zu schreiben oder Geld für Analysen auszugeben, sondern aufmerksam durch die Welt zu gehen. Vielleicht halten mich manche für naiv – aber ich schlafe gut.

Unternehmen setzen bei der Personalsuche auf Themen wie betriebliche Krankenversicherung (bKV) oder betriebliche Altersversorgung (bAV). Bei Ihnen scheint die Mitarbeiterfindung zwar keine Herausforderung zu sein. Dennoch: Haben Sie eine bKV für ihre Mitarbeiter im Angebot?

Braun: Mein Schwager betreibt eine eigene Allianz-Dependance und kommt etwa alle sechs Monate aus München her, um sich um bAV und andere Themen zu kümmern. Die Funk Gruppe ist daran nicht beteiligt, die Provisionen bleiben in der Familie. (lacht) Vor drei Jahren haben wir das Thema im Team geprüft, damals bestand kein Bedarf. Interessanterweise habe ich seinerzeit dazu einen Beitrag auf NDR Info gehört, in dem die Stiftung Warentest erklärte, welche Versicherungen relevant sind. Die bKV wurde als wenig sinnvoll eingestuft – insbesondere für Berufsanfänger oder Beschäftigte mit geringem Einkommen. Selbst wenn wir die Kosten größtenteils übernehmen würden, wäre jeder zusätzliche Euro für sie eine Belastung. Vor einem Vierteljahr ist ein neues bKV-Angebot auf meinem Tisch gelandet. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.

Das Miniatur Wunderland ist auch eine hervorragende Werbefläche. Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, damit Sie sich auf ein Sponsoring einlassen?

Braun: Die Sponsoren, die das meiste Geld haben, kann man meistens in die Gruppe des „entfesselten Kapitalismus“ einstufen. Mit denen stehen wir ein bisschen auf Kriegsfuß. Der Kapitalismus hat uns zwar zu dem Wohlstand gebracht, den wir heute auf der Welt haben, vor allem auch hier in Deutschland. Aber es ist langfristig keine gute Lösung, dass wenige Firmen alles besitzen. Diese Firmen haben auch das meiste Geld, um Werbung zu machen. Uns wurde zum Beispiel viel Geld von Betreibern von Kohlekraftwerken angeboten. Dafür schlägt unser Herz aber nicht, wir schauen da sehr genau hin. Bei der „Jet“-Tankstelle war es eine etwas andere Geschichte: Auch da hatten wir Werbung zunächst abgelehnt, aber der Konzern hatte dann eine tolle Idee. Die haben gesagt: „Wenn Ihr im Wunderland eine ‚Jet‘-Tankstelle baut und die Anbindung schafft, dann listen wir Euch als offizielle Tankstelle und schicken Euch immer die aktuellen Benzinpreise.“ Das haben wir gemacht und jetzt ändern sich schon seit 17 Jahren mehrmals am Tag die Preise bei unserer „Jet“-Tankstelle, das ist eine der schönsten Geschichten. Wenn es eine „Win-win-win“-Situation ist, sind wir auch mal offen für Konzerne, die eigentlich nicht unserem Naturell entsprechen.

Kurzer Abstecher in die Provence (v.l.): Kim Brodtmann, Frederik Braun und Jörg Droste (Foto: Florian Sonntag)

Viele anfangs erfolgreiche Unternehmer fangen irgendwann an, zu expandieren und sich mit zu vielen Unternehmungen gleichzeitig zu verzetteln. War das der Grund, warum Sie immer wieder Angebote von Investoren ausgeschlagen haben?

Braun: Das ist in unseren Genen und so sind wir auch erzogen worden: Schuster, bleib‘ bei deinem Leisten! Gerrit und ich sind Menschen, die das Glück sehen können, das sie haben. Wenn Menschen eine Gehaltserhöhung bekommen, freuen sie sich meist wahnsinnig darüber, aber drei Monate später ist die Gehaltserhöhung schon eingepreist und die Freude ist nicht mehr da. Das ist wie eine Sucht: Die Freude ist erst dann wieder da, wenn es die nächste Gehaltserhöhung gibt. Aber so ticken wir nicht. Die Gier, die man haben muss, wenn man expandiert, haben wir nicht. Wir sind mit dem, was wir haben, unendlich glücklich. Ich kann mir nicht vorstellen, im Anzug durch die Welt zu jetten und mit irgendwelchen Scheichs irgendwelche Wunderländer zu bauen. Kein Interesse. Wir brauchen das nicht, denn das Wunderland macht seit dem ersten Tag Gewinn.

Im Finanzvertrieb vernachlässigen viele Vermittler die rechtzeitige Regelung ihrer Nachfolge. Haben Sie schon eine Nachfolgeregelung für das Miniatur Wunderland getroffen oder schieben Sie das auch noch von sich weg?

Braun: Wir reden regelmäßig darüber, wir haben Ideen. Ich weiß aber gar nicht, ob ich das einem meiner fünf Kinder zumuten will, denn die Fußstapfen sind schon groß – daraus würde ein Riesendruck für unsere Kinder entstehen, weil man sie immer mit Gerrit und mir vergleichen würde. Ich wäre glücklich, wenn meine Kinder die Welt retten wollen, aber nicht das Wunderland.

Das Gespräch führten Kim Brodtmann und Jörg Droste, beide Cash.

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