Dass von Provisionsabgaben Fehlanreize ausgehen, ist bisher nicht belegt. Würde der Verbraucherschutz ein Provisionsabgabeverbot erfordern, sähe die IDD-Richtlinie dies vor. Auch dass andere Mitgliedstaaten der EU das Provisionsabgabeverbot nicht kennen, spricht nicht für die Alternativlosigkeit. Im Gegenteil, Verbände, die die Interessen der Verbraucher schützen, hatten sich gegen das Provisionsabgabeverbot ausgesprochen. Auch das OLG Köln sieht verbraucherschützende Effekte eher ohne als mit einem Provisionsabgabeverbot. Im Abschlussbericht der Sektorenuntersuchung der EU-Kommission wurde das Verbot als – einer Preisbindung der zweiten Hand gleichkommend – qualifiziert. Und schließlich wird bezweifelt, dass das Provisionsabgabeverbot mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Überzogen ist das Abgabeverbot schon deshalb, weil es nicht auf Verbraucher beschränkt ist.
Keine Fehlanreize für Kunden, wenn Vermittler ihren Verpflichtungen nachkommen
Vor allem wird übersehen, dass keine Fehlanreize für den Kunden zu befürchten sind, solange der Vermittler die Befragungs-, Beratungs- und Dokumentationspflichten wahrt. Sie führen dem Kunden die Bedarfsgerechtigkeit und Angemessenheit des angebotenen Versicherungsschutzes vor Augen. Ihre Verletzung löst Schadensersatzansprüche des Verbrauchers aus. Unterstellt man einen möglichen Fehlanreiz, für den wegen der Eigenschaft der Versicherung als körperlosem Rechtsprodukt wenig spricht und der auch empirisch nicht nachgewiesen ist, wäre folgende Lösung denkbar: Die Möglichkeit auf die Beratung zu verzichten wird ausgeschlossen für den Fall, dass dem Verbraucher eine Provisionsabgabe offeriert wird. Diese Lösung schützt den Verbraucher ebenso schnell und effektiv und beschränkt die Vermittler weniger.
Sollte das Provisionsabgabeverbot in das Gesetz aufgenommen werden, ist davon auszugehen, dass die Gegner es zum Gegenstand weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen machen, sei es auf verfassungsrechtlicher oder europarechtlicher Ebene. So oder so, das Provisionsabgabeverbot bleibt umkämpft.
Autor ist Rechtsanwalt Jürgen Evers, Kanzlei Blanke Meier Evers Rechtsanwälte.
Foto: Kanzlei Blanke Meier Evers