Frankreich bezieht aktuell knapp 80 Prozent seines Strombedarfs aus der Kernenergie. 2012 stammten nur 2,5 Prozent aus der Windkraft, wobei rund 7.600 MW Windkraftleistung installiert waren. In Deutschland waren es im Vergleichszeitraum bereits 31.308 MW. Gleichzeitig steht unser Nachbarland unter Zugzwang, denn bis 2020 sollen nach Vorgaben des französischen Gesetzgebers (Grenelle II) 23 Prozent aus regenerativen Quellen stammen. Frankreich plant in diesem Zeitraum den Ausbau der Windenergie mit einer Gesamtleistung von bis zu 25.000 MW.
Da sich jedoch das Tempo der Neuinstallation 2011 und 2012 wieder etwas verlangsamt hat, kann das ehrgeizige Ziel nur mit einem massiven Zubau innerhalb der nächsten Jahre erreicht werden. Großer Vorteil: Frankreich hat das zweithöchste Windaufkommen in Europa. Auch profitiert der Windmarkt in Frankreich von guten geografischen Gegebenheiten. Frankreich verfügt über eine Vielzahl von ausgezeichneten Standorten, die über das gesamte Land verteilt sind.
Langwierige Genehmigungsverfahren in Frankreich
Zudem weist das Flächenland Frankreich eine deutlich dünnere Besiedlungsstruktur auf als zum Beispiel Deutschland, was Risiken – etwa in Form Beeinträchtigung von Anwohnern – reduziert und den Bau von Anlagen mit einer hohen Gesamtleistung ermöglicht. So kam auch eine Untersuchung des internationalen Windenergieverbandes (GWEC) zu dem Ergebnis, dass Frankreich in Europa das zweitgrößte Potenzial für den weiteren Ausbau der Windenergie aufweist.
Bei der Förderung verfügt Frankreich über ein mit Deutschland vergleichbares Tarifregime, wobei der Fokus klar auf dem Ausbau der Windenergie liegt. Aktuell wird das Fördersystem auf seine formale Vereinbarkeit mit europäischem Recht überprüft. Unabhängig vom Ergebnis stehen die Grundpfeiler der Förderung jedoch nicht zur Diskussion. Ein Hemmschuh beim Ausbau der Windkraft in Frankreich waren bislang die oft langwierigen und komplexen Genehmigungsverfahren.
Branche rechnet mit vereinfachter Genehmigung
Die Branche erwartet aufgrund einer im Frühjahr 2013 verabschiedeten verwaltungsrechtlichen Gesetzesnovelle (La Loi Brottes) für die Zukunft Erleichterungen im Genehmigungsverfahren von Windkraftprojekten; gleichwohl bleibt in der Praxis abzuwarten, inwieweit künftig die Neuregelungen diese Genehmigungsverfahren erleichtern.
Zu beachten ist, dass Frankreich im Gegensatz zu Deutschland (BImschG Verfahren) weiterhin auf die formelle Konzentration von Trägern des öffentlichen Interesses (wie Naturschutz- und Flugsicherungsbehörden) im Genehmigungsfahren verzichtet. Ambivalent ist auch die Haltung der französischen Bevölkerung. So besteht zwar grundsätzlich eine hohe Zustimmung für die erneuerbaren Energien, vergleichsweise gering ist jedoch die Bereitschaft, für den Umbau der Energieversorgung auch höhere Strompreise in Kauf zu nehmen.
Unser Fazit: Trotz einzelner Hemmnisse wird sich das Marktvolumen signifikant erhöhen. Vor allem der Reformdruck und der Reformwille werden für einen Anstieg der Installationszahlen sorgen. Frankreich bleibt deshalb weiterhin als Investitionsstandort interessant. Einer vereinfachten Genehmigungspraxis kommt jedoch eine Schlüsselrolle bei der weiteren Entwicklung des Windenergiemarkts zu.
Skandinavien mit großem Potenzial
Aktuelle Zahlen des Europäischen Windenergieverbandes (EWEA) belegen, dass Schweden und Finnland zwischen 2010 und 2012 sehr hohe relative Zuwachszahlen bei der Windenergiekapazität erzielen konnten. So erzielte Schweden einen Zubau von 73,1 Prozent in den vergangenen drei Jahren. Finnland konnte in diesem Zeitraum seine Kapazität um 46,2 Prozent steigern.
Gleichzeitig sind die Windenergieressourcen beziehungsweise das Gesamtpotenzial installierbarer Leistung in beiden Ländern bei weitem nicht ausgeschöpft, so dass weiter mit steigenden Zubauzahlen zu rechnen ist. Auch wenn Finnland und Schweden bislang nicht in der ersten Reihe für Investitionen in Windkraft standen, belegen die Zahlen die anhaltende Dynamik in diesen Ländern.
Das erweiterte Angebot wird voraussichtlich auch auf eine zunehmende Nachfrage treffen, da sowohl Schweden als auch Finnland stabile regulatorische wie politische Rahmenbedingungen bieten. Vor dem Hintergrund der angespannten Situation in Spanien und anderen südeuropäischen Ländern, bieten beide Länder damit attraktive Rahmenbedingen für Investoren.
Gastbeitrag von Matej Lednicky, Leiter Wind, KGAL Investment Management GmbH & Co. KG
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