DWS: „Wir bieten einen One-Stop-Shop“

Gero Schomann, DWS
Foto: DWS
Gero Schomann: „Ich bin zu hundert Prozent davon überzeugt, dass ELTIF ein gutes Thema im Wholesale-Bereich ist, wenn auch nicht für alle Kunden.“

EXKLUSIV Gero Schomann ist Mitglied der Geschäftsführung der DWS und Vertriebsleiter für Deutschland und Österreich. Mit ihm sprach ich über das Geschäft mit aktiven und passiven Produkten, die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) im Asset Management und Vertrieb sowie über die Chancen von ELTIF.

Unlängst haben Sie in einem Interview die zuletzt starken Inflows bei passiven Produkten begrüßt, wollen aber gleichzeitig an einem starken aktiven Geschäft festhalten. Warum macht das angesichts einer Aufteilung von 1:4 zugunsten passiver Produkte aus Ihrer Sicht trotzdem Sinn?
Schomann: Die Aufteilung 1:4 gilt für alle vier Regionen, in denen die DWS tätig ist. In Deutschland sieht das Bild etwas anders aus. Hier haben wir zeitweise das Doppelte an passivem Nettomittelaufkommen gegenüber dem aktiven Geschäft verzeichnet. Dennoch: Das aktive Geschäft ist unsere Kern-DNA mit über 60 Jahren Erfahrung und großen Beständen, die wir aufgebaut haben. In unserem Sortiment haben wir etwa 100 aktiv gemanagte Fonds, die von Morningstar aktuell mit vier oder fünf Sternen bewertet werden. Aber mehr noch: Wir bieten einen One-Stop-Shop mit einem breiten Spektrum an kundengerechten Lösungen an – aktive, passive und alternative Strategien. Das wollen wir auch nicht ändern. Diese Investmentlösungen werden stark nachgefragt und sind bei unseren Vertriebspartnern und Endkunden fest verwurzelt. In Zukunft wird es auch um DPM-Lösungen, modulare Investmentmöglichkeiten gehen. Die Vermögensverwaltung entwickelt sich immer stärker zu einer Dienstleistung, bei der wir Teile zuliefern. Das ist ja auch aktives Geschäft, zumindest zum Teil. Das heißt, neben dem sehr starken und auch medial sehr visiblen Trend hin zu ETFs brauchen wir ein starkes Aktivgeschäft. Das wird sich auch nicht ändern. Darüber hinaus investieren wir in alternative Anlagen, wo wir weiterhin Wachstumschancen sehen.


Das könnte Sie auch interessieren:

Sie sprachen ebenso davon, dass die Regulierung die Passivierung noch forcieren könnte. Inwiefern?
Schomann: Themen wie die EU Retail Investment Strategy, Value for Money oder die Diskussionen über ein Provisionsverbot sind für unsere Branche herausfordernd. Wir kommen aus einer Dekade der Null-Zinsen. Viele Anleger haben in dieser Zeit nach Kosten wenig verdient. Nach Rückkehr der Zinsen achtet der Kunde jetzt umso mehr auf die Rendite. Die Kosten sind nicht der alleinige Treiber einer Anlageentscheidung. In der Regulierung sind wichtige Themen wie Transparenz, Kundennutzen und Verbraucherschutz sehr stark mit dem Thema Kosten verknüpft. Das führt zu Druck auf das aktive Management und zu Kundenanfragen, insbesondere dort, wo die Performance nicht stimmt.

Stichwort Künstliche Intelligenz (KI). Eine steigende Zahl von Investmentgesellschaften testet derzeit den Einsatz von KI im Asset Management. Wie ist diesbezüglich der Status quo bei der DWS?
Schomann: Wir beobachten die Entwicklung im Bereich der KI sehr genau. Derzeit sind bei uns verschiedene Ansätze in der Erprobung, die wir durchaus kritisch hinterfragen. Entwickelt man das KI-Tool selbst oder kauft man es dazu? Wenn man sich für Letzteres entscheidet; wie groß ist der Mehrwert im Investmentprozess, wenn jeder es nutzt? Wie viel Entscheidung überlässt man der Maschine und ab welchem Zeitpunkt benötigt man die Expertise des Portfoliomanagers? Daten sind das Thema der Stunde, keine Frage. Dabei sollte man aber nicht vergessen: KI ist immer nur so gut wie die Datenbasis, die sie füttert. Deswegen ist der Investment Case für eine Portfoliomanagement-Funktionen oder Portfolio-Allokation auch so interessant. Es gibt kaum einen anderen Bereich, in dem so viele Daten so transparent und öffentlich zugänglich sind. Deswegen ist die Analyse der Kapitalmärkte ein Paradethema für den Einsatz von KI mit Aussicht auf einen Mehrwert. Die KI lernt schnell, benötigt aber riesige Mengen an historischen Daten, effiziente Märkte und vor allem stabile Trends. Bei gewissen Themen kann KI sehr gut helfen und die werden gerade erprobt. Ob sie den Portfoliomanager dann ersetzt? Da habe ich eher meine Zweifel.

Inwieweit bietet KI Chancen zur Erzielung von Alpha?
Schomann: Das hängt sehr stark davon ab, welche Themen Sie betrachten. In privaten Märkten sehe ich es eher nicht. Und es hängt natürlich auch davon ab, wie gut die Maschine ist. Noch ist es aber auch ein Stück weit hypothetisch, weil es noch nicht wirklich erprobt ist. In Zukunft halte ich es durchaus für realistisch, weil es um eine Kombination des Portfoliomanagers mit der Maschine geht, die einen Mehrwert liefern sollte.

Ein weiteres Trendthema ist derzeit ELTIF. Inwieweit eignet sich das Vehikel überhaupt für den Wholesale-Markt?
Schomann: Es ist insbesondere ein Vehikel für den Wholesale-Markt. Private Anleger können in Asset-Klassen wie Immobilien, Infrastruktur oder auch Private Equity investieren, die aufgrund der hohen Mindestvolumina für sie in der Vergangenheit nur schwer zugänglich waren.

Werden ELTIFs auch jetzt noch gebraucht, da es wieder Zinsen gibt und nunmehr auch weniger komplexe Investments attraktiv sind?
Schomann: Zunächst einmal freue ich mich für meine Kollegen im Bereich Fixed Income über die Renaissance von Debt-Produkten nach zehnjähriger Durststrecke. Ob das dazu führt, dass wir langfristig im Bereich alternative Anlagen keinen Bedarf sehen? Das glaube ich nicht, gerade am langen Ende. Denn wir diskutieren jetzt bereits wieder Zinssenkungsfantasien. Dann schauen wir mal auf das Ergebnis der US-Wahlen im Oktober. Sollte Donald Trump noch einmal US-Präsident werden, glaube ich nicht, dass die Zinsen auf dem jetzigen Niveau stehen werden. Entsprechend sollte man das meines Erachtens stark abwägen nach Kurzfrist-, Langfrist- und Diversifikationszielen. Ich bin zu hundert Prozent davon überzeugt, dass ELTIF ein gutes Thema im Wholesale-Bereich ist, wenn auch nicht für alle Kunden. Aus diesem Grund arbeiten wir auch daran.

Letzte Frage: Wo will die DWS in diesem Jahr im Vertrieb besondere Akzente setzen?
Schomann: Wie bereits erwähnt ist der Supermarktansatz für uns entscheidend. Dabei bleibt sowohl das aktive als auch das passive Geschäft der Kerntreiber. Wir investieren stark in passiven Strategien, insbesondere die Produktinnovationen von Xtrackers möchte ich an dieser Stelle hervorheben. Wir lancieren zahlreiche Produkte in den Bereichen digitale Assets und Krypto. Darüber hinaus investieren wir stark im Bereich alternative Assets, darunter ist sicherlich auch das Thema ELTIF. Auch auf der Aktivseite tut sich einiges. Wir begleiten die Transformation unserer Kunden, die sich teilweise stärker von aktiven Produkten hin zu komplexen Vermögensverwaltungslösungen bewegen. Wir führen natürlich einen intensiven Dialog mit unseren Kunden. Erst gestern hatte ich zum Beispiel ein Gespräch über die Implementierung neuer Fondsprodukte in eine Vermögensverwaltungslösung. Das sind weiterhin aktive Produkte. Unsere Kunden verlangen das auch. Sie sagen: „Wir wollen einen Portfoliomanager haben, auch für unsere Kunden und die Begleitung der Vertriebs-Story.“ Das ist ein wichtiger Punkt. In Deutschland sind wir sehr gut ins Jahr gestartet und haben sehr gute Zahlen gesehen, sowohl was die Nettomittelzuflüsse betrifft als auch die Revenues. Auch deshalb blicke ich mit viel Zuversicht auf das verbleibende Jahr 2024.

Interview: Frank O. Milewski, Cash.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments