Als Vorstand der MIG AG verantwortet Michael Motschmann mit seinem Team seit Jahren die Auswahl der deutschen und österreichischen Zielunternehmen für die direkt investierenden MIG-Fonds. Cash. hat ihn dazu befragt.
Das Interview führte Andreas Friedemann, Cash.
Warum fühlen Sie sich im Venture-Capital-Segment wohler als bei Zielunternehmen fortgeschrittener Entwicklungsstadien?
Motschmann: Der größte relative Wertzuwachs eines Unternehmens findet in der Regel vor und während der Expansionsphase statt. In diesem Entwicklungsstadium können wir uns im unteren bis mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich substanziell beteiligen. Nachdem wir die Unternehmen über mehrere Jahre hinweg intensiv betreut haben, lassen sich die Beteiligungen durchaus auch im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich wieder verkaufen. Ähnliche Renditen lassen sich in der Nach-Expansionsphase meist nur durch Finanz-instrumente wie Fremdkapital-Leverage oder Hedging erzielen.
Die meisten Ihrer Zielunternehmen sitzen in Deutschland und Österreich und sind in der Life-Science-Branche tätig. Was macht für Sie den Reiz dieser Märkte aus?
Motschmann: Der regionale Fokus ergibt sich aus der Herkunft unserer Anleger. Sie haben verstanden, dass es für uns alle sinnvoll ist, in die eigene Volkswirtschaft mit hervorragenden Standortfaktoren und großer Rechtssicherheit zu investieren. Darüber hinaus finden wir in Deutschland und Österreich herausragende und weltweit führende Technologien – und vermehrt auch sehr fähige und erfahrene Manager, die in kleinen und flexiblen Teams jenseits der Großkonzerne Werte schaffen. Insbesondere in der genannten Branche sind deutschsprachige Wissenschaftler gleich in mehreren Disziplinen führend, beispielsweise in der sogenannten Immuntherapie. Wir investieren aber nie mit einem starren Branchenfokus, sondern flexibel und im Einzelfall durchaus opportunistisch. Deshalb beabsichtigen wir, in nächster Zukunft vermehrt auch Investitionen in den Branchen Energietechnik und neue Werkstoffe zu tätigen.
Mit dem Unternehmen CorImmun ist Ihnen jüngst ein weiterer Exit gelungen. Wie haben die Anleger von dem Deal profitiert?
Motschmann: Der MIG Fonds 5 hatte sich mit 1,7 Millionen Euro für einen Zeitraum von rund Jahren beteiligt, der MIG-Fonds 11 war mit zwei Millionen für zwei Jahre an CorImmun investiert. Die Anleger erhalten 10,9 beziehungsweise 16,4 Prozent ihrer gesamten Anlage in diesen Fonds zurück. Sollte der mit dem Käufer vereinbarte klinische Meilenstein erreicht werden, prognostizieren wir auf Grundlage des gleichen Dollarwechselkurses zum Zeitpunkt der Fälligkeit weitere zwölf beziehungsweise 20 Prozent. Vor dem Hintergrund, dass diese Beteiligung lediglich drei beziehungsweise vier Prozent der von den Fonds getätigten Gesamtinvestitionen ausmachte, ist das ein sehr gutes Ergebnis.
Wie entscheiden Sie, in welcher Höhe sich welcher MIG Fonds jeweils beteiligt?
Motschmann: Das ist von vielen Faktoren abhängig: Reifegrad und Branche des Beteiligungsunternehmens spielen eine Rolle, natürlich die aktuelle Liquidität der jeweiligen Fondsgesellschaft und der zu erwartende Kapitalbedarf des Beteiligungsunternehmens. Besonderes Augenmerk legen wir auf die Risikostreuung innerhalb eines Fondsportfolios, das zudem unterschiedlich lange zu erwartenden Haltedauern abbilden sollte.
Haben Sie sich auch schon einmal bei der Wahl eines Zielunternehmens vergriffen?
Motschmann: Natürlich fasst man auch mal daneben, das gehört zu diesem Geschäftsmodell dazu. Unser Investitionszyklus umfasst in der Regel einen Zeitraum von fünf bis acht Jahren. In dieser Zeit entstehen fast zwangsläufig neue Erkenntnisse über Geschäftsmodell und Management, die Technologie, den Markt oder die Wettbewerbssituation im Umfeld der Zielunternehmen. Deshalb liegt ein wesentlicher Teil der Arbeit unserer Investmentmanager darin, ursprüngliche Annahmen kontinuierlich zu überprüfen und bei Bedarf zu ändern.
Wie stellt sich Ihr Wettbewerbeumfeld derzeit dar?
Motschmann: Unser Konkurrenzdruck variiert von Branche zu Branche. In den Bereichen Cleantech, IT oder Medizintechnik beispielsweise herrscht ein stärkerer Wettbewerb, während in anderen Branchen wie Spätphasen der Medikamentenentwicklung und in der Biotechnologie die Luft dünn ist, da nur wenige deutsche Marktteilnehmer über entsprechend liquide Mittel verfügen.
Foto: MIG AG