„Die kritische Grundhaltung, die jeder Prüfer haben muss, hat völlig gefehlt“, sagte Michelbach. „Es ist natürlich die Frage, ob hier Korruption oder andere Gesichtspunkte im Raum standen.“ Das müssten letztlich Gerichte beurteilen.
Zuvor hatte der Ausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Bericht des Sonderermittlers Martin Wambach zur Arbeit von EY gehört. Die Wirtschaftsprüfer hatten die Jahresabschlüsse des Skandalkonzerns Wirecard jahrelang testiert – während Wirecard nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bereits die Bilanzen gefälscht haben soll.
Der SPD-Finanzpolitiker Jens Zimmermann erklärte, offen bleibe die Frage: „Wie konnte es passieren, dass so ein erfahrenes Abschlussprüfungsunternehmen solche gravierenden Fehler begangen hat, die am Ende zu einem komplett falschen Bild der Bilanz und damit auch der finanziellen Situation der Wirecard AG geführt haben?“ Anleger, Investoren und teilweise auch die Aufsicht hätten dadurch falsche Schlüsse gezogen.
Zeuge verweigert die Aussage
Ein im Ausschuss als Zeuge geladener Wirtschaftsprüfer von EY berief sich am Donnerstag auf sein Schweigerecht und verweigerte die Aussage. Abgeordnete mehrerer Fraktionen zeigten sich empört und warfen EY vor, nicht zur Aufklärung des mutmaßlichen Milliardenskandals beizutragen.
Am Abend wollte der Bundestag als Konsequenz aus dem Fall Wirecard eine Reform der Finanzaufsicht beschließen. Damit werde es in Zukunft nicht mehr passieren, dass trotz klarer Hinweise eineinhalb Jahre lang kein Prüfergebnis vorgelegt werde, sagte Zimmermann. Das Gesetz werde aber nicht verhindern können, dass Abschlussprüfer bei ihrer Tätigkeit gegen Gesetze und Prüfungsstandards verstießen. Michelbach betonte, auch bandenmäßiger Betrug, wie er mehreren Wirecard-Managern vorgeworfen wird, lasse sich durch kein Gesetz der Welt ausschließen. (dpa-AFX)