Glauben Sie, dass die deutsche Politik genug für die deutsche Wirtschaft beziehungsweise deren Standortfaktoren tut? Ich nicht. Ich finde, dass Berlin deutlich nachlegen muss. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Die Halver-Kolumne
Denn zunächst leidet unser Brot- und Butter-Exportgeschäft in der Eurozone unter Deflationstendenzen: Die Euro-Konsumenten verschieben ihren Konsum ebenso in die Zukunft wie die Euro-Unternehmen ihre Investitionen, weil es immer billiger wird.
Sie warten und hoffen darauf, dass – frei nach einer bekannten Werbebotschaft – aktueller Geiz zukünftig geil sein könnte. Wenn aber zu viele zu lange warten, fängt sich die Eurozone die japanische Deflationskrankheit ein, die – wenn man sie erst einmal hat – hartnäckig ist wie Kaugummi, der am Schuh klebt.
Ein hausgemachtes deutsches Wirtschafts-Handicap sind mangelnde Unternehmensinvestitionen. Große deutsche Unternehmen wie BMW, Siemens, SAP oder Bayer investieren offensichtlich lieber im Ausland – vor allem in den USA oder Asien – als in Deutschland.
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Sie wissen warum und wir auch: Die Berliner GroKo hätte zwar alle wirtschaftspolitischen Möglichkeiten. Aber es kreiste der Berg und gebar nur eine Maus: Berlin reformiert den deutschen Wirtschaftsstandort nicht, sie verwaltet ihn nur. Muss wirklich erst der deutsche Mittelstand anfangen, umfassend fremd zu gehen, damit die Politik erkennt, dass Handlungsbedarf besteht?
Beim Wirtschaftswachstum ist Deutschland nicht mehr der Einäugige unter den Euro-Blinden
So ist es nicht verwunderlich, dass Spanien, Portugal, Irland und Griechenland (!) 2015 stärker wachsen als wir. Man mag zwar einwenden, dass diese Länder nach ihren dramatischen Wirtschaftseinbrüchen jetzt in den Genuss eines Basiseffektes kommen. Dennoch scheint es Ländern wie den USA, Kanada oder Großbritannien mühelos zu gelingen, hohe Wirtschaftswachstumsraten auch über die Zeit zu halten. Uns gelingt dies offensichtlich weniger gut.
Und was macht vor diesem Hintergrund die deutsche Regierung? Statt Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ergötzt sich ihr Finanzminister daran, der erste Bundeskassenwart seit 1969 zu sein, der keine neuen Schulden mehr macht. Er spart und spart und spart …am falschen Ende, nämlich an der Wirtschaftsinfrastruktur Deutschlands.
Dabei müsste allen deutschen Politikern klar sein, dass eine solide deutsche Infrastruktur die entscheidende Basis für die sehr erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg gewesen ist.
Heutzutage hat die deutsche Infrastruktur ihre besten Jahre hinter sich. Wer braucht denn wirklich einen Spurhalteassistenten im Pkw? Die vielen Schlaglöcher in den Straßen machen ein Einschlafen des Fahrzeugführers doch ohnehin unmöglich.
Seite zwei: Mit Staatsschulden Gewinn machen