Wo müssen Vermieter streuen und wo nicht?

Die kalte Jahreszeit ist wieder da. Neben den alljährlichen Schutzmaßnahmen vor Kälteschäden ist die wichtigste Angelegenheit für Immobilieneigentümer in der Regel die Verkehrssicherungspflicht, sprich: Wo muss gestreut werden? Kürzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung dazu weiter verfeinert. (AZ: VIII ZR 255/16).

Philipp Takjas, McMakler: „Die Räum- und Streupflicht ist grundsätzlich klar zwischen öffentlich Raum und Privateigentum getrennt. Für beide gilt aber, dass Fußgängerwege lediglich in einer Breite von einem Meter bis zu 1,20 Meter im mittleren Bereich zu streuen sind.“

Für Eigentümer eines Anlageobjekts wie auch für diejenigen, die ihre Immobilie selbst nutzen, gilt der kürzeste Satz des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet. Bei typisch winterlichen Witterungsverhältnissen bedeutet das für Immobilienbesitzer, dass sie der Verkehrssicherungspflicht nachkommen müssen. Um der Verkehrssicherungspflicht zu entsprechen, müssen Eigentümer die gefahrlose Benutzung des Objekts gewährleisten. Das gilt nicht nur für die Wohnung des einzelnen Mieters, sondern auch für nicht ausdrücklich mitvermietete Hausteile wie Treppen und Gehwege. Wichtig ist auch, dass Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht für Mieter, aber auch für Besucher und Lieferanten tragen, sie gilt also deshalb auch uneingeschränkt für selbst genutzte Immobilien. Die Räum- und Streupflicht außerhalb von Privateigentum trägt dagegen in aller Regel die öffentliche Hand. Klar ist aber auch, dass weder hundert Prozent des Grundstücks noch der komplette Gehweg- und Straßenbereich gestreut werden müssen. Aber was passiert, wenn jemand beim Übergang von öffentlichem auf privaten Grund oder umgekehrt stürzt, und zwar aufgrund der Witterungsverhältnisse? Wer in einem solchen Fall verantwortlich ist und potenziell Schadensersatz zahlen muss, hat der BGH nun entschieden.

Der Fall

Der Fall lag wie folgt: Der Lebensgefährte einer Mieterin hatte das Grundstück der Vermieterin verlassen, stürzte beim Übergang zum geräumten Teil des öffentlichen Bürgersteigs und brach sich den Knöchel. Daraufhin verklagte er die Vermieterin und Grundstückseigentümerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Kläger begründete seinen Anspruch damit, dass die Eigentümerin aufgrund der Verkehrssicherungspflicht den gefahrlosen Zugang zum Grundstück gewährleisten und deshalb bis zum geräumten Teil des Gehwegs hätte streuen müssen. Die Instanzgerichte lehnten seine Ansprüche ab und auch der Bundesgerichtshof erkannte die Forderungen des Mannes nicht an.

Die Begründung

Die Begründung ist simpel: Sowohl die Eigentümerin als auch die öffentliche Hand sind ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen, obwohl nicht der komplette Gehweg gestreut war. Die Räum- und Streupflicht ist grundsätzlich klar zwischen öffentlich Raum und Privateigentum getrennt. Für beide gilt aber, dass Fußgängerwege lediglich in einer Breite von einem Meter bis zu 1,20 Meter im mittleren Bereich zu streuen sind. Dabei sind Anlieger nicht dazu verpflichtet, eine Verbindung zwischen ihrem Eigentum und dem gestreuten Teil des öffentlichen Gehwegs herzustellen. Die Bundesrichter erklärten, dass es für Bewohner und Besucher zumutbar sei, die wenigen Schritte zwischen der gestreuten Mitte des öffentlichen Gehwegs und dem gestreuten Beginn des privaten Grundstücks vorsichtig zu überqueren. Sie erinnerten an ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2003, dem zufolge die Erwartung, im Winter ordnungsgemäß geräumte oder gestreute Wege vorzufinden, den Fußgänger nicht der eigenen Verpflichtung enthebe, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen.

Fazit: Im Winter, aber auch in allen anderen Jahreszeiten, trägt der Eigentümer eines Grundstückes die Pflicht, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Für die Streu- und Räumpflicht im Winter bedeutet das aber nur, dass Wege im angemessenen Maß und nicht vollständig gefahrlos benutzbar sein müssen. Im Ergebnis gibt es dadurch immer Flächen, die nicht gefahrlos nutzbar sind, hier ist aber der Einzelne in der Pflicht, diese kurzen Strecken vorsichtig zu überqueren.

Philipp Takjas, Syndikusrechtsanwalt beim Full-Service Immobiliendienstleister McMakler (www.mcmakler.de) und Rechtsanwalt in Berlin.

Foto: McMakler

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