Wohnimmobilien: Der Verkauf ist meist die bessere Wahl als das Verrentungsmodell

Philipp Maas
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Philipp Maas, Proprate

EXKLUSIV Ein Verrentungsmodell erscheint vielen Immobilieneigentümer besonders im Alter als lukrativ. Doch der Schein trügt, weiß Philipp Maas von Proprate.

Der Besitz einer Immobilie bringt nicht nur Vorteile, sondern auch Pflichten mit sich. Sie muss instand gehalten und unter Umständen auch den Anforderungen der Klimavorgaben entsprechend saniert werden. Das bringt manche Eigentümer an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit, doch gleichzeitig wollen viele in den eigenen vier Wänden alt werden. Deshalb denken manche Eigentümer auch über Verrentungsmodelle nach. Doch wer sich in einer finanziellen Notlage befindet, trifft oft keine gute Entscheidung – nur sehr selten ist ein Verrentungsmodell für den Eigentümer attraktiver als der konventionelle Verkauf. Wer sich für ein Verrentungsmodell entscheidet, erhält in der Regel einen Betrag, der deutlich unter dem Marktpreis der Immobilie liegt.

Geschäftsmodelle mit unterschiedlichen Modalitäten

Natürlich gibt es verschiedene Verrentungsmodelle, die man nicht alle über einen Kamm scheren kann. Bei der Leibrente beispielsweise erhält der Verkäufer den Kaufpreis in Form einer lebenslangen Rente. Je früher der Mieter stirbt, desto mehr profitiert der Käufer, was moralisch völlig inakzeptabel ist. Beim Teilverkauf wiederum veräußert der Eigentümer nur einen Teil seiner Immobilie und erhält dafür einen Geldbetrag. Er begibt sich in eine komplexe Abhängigkeit vom Käufer und kann nicht mehr über seine gesamte Immobilie entscheiden. Auch der Rückmietverkauf gehört zu den Verrentungsmodellen – dabei verkauft der Eigentümer seine Immobilie an ein Unternehmen und erhält ein lebenslanges Wohnungsrecht gegen eine Miete.

Klassischer Verkauf erzielt meist deutlich höheren Preis

Natürlich entscheiden auch die genauen Modalitäten darüber, ob ein Verrentungsmodell für den Eigentümer ein adäquates Angebot darstellt oder nicht. Beispielsweise sind Risikoabschläge zu kalkulieren und zu prüfen, ob Mieterhöhungen vorgesehen sind, wenn nach dem Verkauf an ein Unternehmen eine Anmietung der ursprünglich eigenen Immobilie geplant ist. Fest steht jedoch, dass beim direkten Verkauf einer Immobilie in den meisten Fällen ein höherer Verkaufspreis erzielt werden kann als bei einem Verrentungsmodell. Insbesondere in begehrten Lagen ist ein Verrentungsmodell wenig sinnvoll.  

Beleihung sollte als Alterative in Betracht gezogen werden

Ein weiterer Vorteil des konventionellen Verkaufs ist, dass der Verkäufer nicht mehr an die Immobilie gebunden ist und somit mehr Flexibilität hat. Das kann besonders dann attraktiv sein, wenn das Kapital für andere Investitionen oder zur Finanzierung des Lebensstandards im Alter benötigt wird. Um eine Immobilie zu verkaufen, benötigt man je nach Marktlage und Objektbeschaffenheit aber auch etwas Zeit. Die Immobilie muss für Besichtigungen vorbereitet werden, mit potenziellen Käufern muss verhandelt werden und die Verkaufsformalitäten müssen erledigt werden. Aber meiner Erfahrung nach lohnt sich der Aufwand und im Zweifelsfall kann man einen Makler einschalten. Wer seine Immobilie nicht verkaufen möchte und kurzfristig Liquidität benötigt, kann in Betracht ziehen, die Immobilie zu beleihen. Auch im höheren Alter ist das möglich, allerdings mit niedrigen Beleihungsgrenzen.

Schutz vor Inflation: Vermögen sollte nicht auf dem Konto aufbewahrt werden

Für viele Immobilienbesitzer stellt die eigene Immobilie auch die Altersvorsorge dar. Nicht ohne Grund, denn Immobilien gelten nach wie vor als eine der sichersten Geldanlagen – auch nach den Entwicklungen in den vergangenen drei Jahren.Wer sein Vermögen vor einer möglichen Inflation schützen will, sollte es nicht auf dem Konto liegen lassen, sondern möglichst in eine sichere Geldanlage investieren. Entscheidet man sich jedoch für ein Verrentungsmodell, steht der Wert der Immobilie auch nicht mehr als potenzielles Erbe zur Verfügung.

Verrentungsmodelle sind zu wenig reglementiert

Mein Hauptkritikpunkt an Verrentungsmodellen ist, dass Kunden oft mit der finanziellen Liquidität gelockt, aber nicht über Alternativen und Risiken dieser Geschäftsmodelle aufgeklärt werden. Für mich persönlich gehören Verrentungsmodelle in die gleiche Kategorie wie Finanz- und Bankprodukte, aber es gibt keine entsprechenden Regelungen zum Schutz der Kunden. Ein unabhängiger Finanzberater kann helfen, alle denkbaren Alternativen zu prüfen, die Feinheiten jedes Geschäftsmodells zu verstehen und die Auswirkungen auf die finanzielle Situation des Eigentümers zu bewerten. Dabei sollte der Berater die persönlichen Bedürfnisse und Ziele berücksichtigen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Vergleich mit anderen verfügbaren Optionen. Alternative Wege zur Liquiditätsbeschaffung wie der Verkauf der Immobilie, die Aufnahme eines Hypothekendarlehens oder andere Finanzprodukte sollten verglichen werden. Es ist wichtig, die Vor- und Nachteile jedes Ansatzes abzuwägen, einschließlich der Kosten, der Flexibilität und der langfristigen Auswirkungen. Unabhängig vom gewählten Modell ist es wichtig, die Vertragsbedingungen genau zu verstehen.

Philipp Maas ist Growth Strategy Advisor bei Proprate.

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