Wohnimmobilienpreise: Noch nicht mal Corona bewirkt eine Trendumkehr

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Auch wenn die Zahl der Verbraucher steigt, die fallende Immobilienpreise erwarten, so geht die große Mehrheit immer noch von weiter steigenden Preisen für Wohneigentum aus. Das gilt deutschland-wie auch europaweit.

Ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht: Trotz der in den vergangenen Jahren bereits deutlich gestiegenen Haus- und Wohnungspreise in Deutschland rechnen hierzulande überdurchschnittlich viele Verbraucher auch weiterhin mit steigenden Preisen. Angesichts der Corona-Krise hat sich dieser Anteil zwar verringert, stellt aber weiterhin eine klare Mehrheit dar. Unsere repräsentative Umfrage, die im August und September 2020 in 13 europäischen Ländern durchgeführt wurde, zeigt:

  • 56 Prozent der deutschen Verbraucher erwarten für die kommenden 12 Monate steigende Immobilienpreise. Das liegt leicht über dem europäischen Durchschnittvon 54 Prozent, der vor allem von den bevölkerungsreichen Ländern im Westen Europas gedrückt wird.
  • Allerdings werden die Einschätzungen zurückhaltender: Die Erwartungen für steigende Preise liegen in Deutschland so niedrig wienoch nieseit Beginn der Datenreiheim Jahr 2013. Im Gegenzug stellen die rund sieben Prozent der Befragten, die fallende Preiseerwarten, einen Höchstwert dar.
  • Die Deutschen können ihre Wohnkosten in der großen Mehrheit auch zu Corona-Zeiten gut tragen. Lediglich 13 Prozent geben an, dass es ihnen „schwer“ oder „sehr schwer“ fällt, ihre Miet-oder Hypothekenzahlungen aufzubringen – das ist wie schon in den vergangenen Jahren einer der niedrigsten Werte der Umfrage und trotz Corona weniger als im Vorjahr.
  • Bei der Regulierung des Mietmarktes sind die Deutschen unentschlossen. Zwar halten viele die Mietpreisbremse für kein effektives Instrument,die Meinungen zu Mietendeckel und der Vergesellschaftung von Immobilien sind aber gespalten.

Auch in der Krise erwarten die Deutschen steigende Immobilienpreise

Inwieweit die Corona-Krise ihre Auswirkungen auch auf dem Immobilienmarkt zeigen wird, ist noch nicht eindeutig abzusehen. Erste Daten scheinen darauf hinzudeuten, dass sich der Preisanstieg der vergangenen Jahre allenfalls leicht verlangsamt hat. Passend dazu erwartet zwar ein geringerer Anteil als bislang, aber immer noch eine deutliche Mehrheit der deutschen Verbraucher einen weiteren Preisanstieg im Laufe der kommenden 12 Monate.

Seit im Rahmen der ING International Survey erstmals die Frage nach den Preiserwartun-gen für den Immobilienmarkt gestellt wurde, rechneten stets über 50, meistens sogar mehr als 60 Prozent der Befragten hierzulande mit teilweise stark steigenden Preisen. Traditionell liegen die Deutschen damit leicht über dem europäischen Durchschnitt.

Daran ändert auch ein starker Rückgang gegenüber dem Jahr 2019 nichts, auch wenn daraus der niedrigste Wert seit Beginn der Umfragenserie im Jahr 2013 resultiert. Am anderen Ende der Skala hat sich der Anteil, der fallende Preise erwartet, gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt; dieser Wert liegt jedoch weiterhin deutlich unter dem europäischen Durchschnitt.

Trotz Corona: Nur wenige Deutsche haben Probleme mit ihren Wohnkosten

In Deutschland gibt traditionell nur ein vergleichsweise geringer Anteil der Befragten an, Schwierigkeiten mit ihren Miet-oder Hypothekenzahlungen zu haben. Dass der Anteil auch zu Corona-Zeiten niedriger liegt als in den meisten anderen Ländern unserer Umfrage, kann nicht ganz verwundern, waren doch die meisten anderen europäischen Länder teilweise noch deutlich härter von der Pandemie getroffen worden als Deutschland, wo aufgrund von Kurzarbeit und anderen staatlichen Stützungsmaßnahmen der Arbeitsmarkt bisher ziemlich stabil blieb.

Vorsichtsparen wird Trend

Bemerkenswert ist allerdings, dass dieser Anteil sowohl in Deutschland als auch im europäischen Durchschnitt nicht angestiegen, sondern sogar auf einen der niedrigsten Werte im mehrjährigen Vergleich zurückgegangen ist. Womöglich wirkt sich hier die fehlende Gelegenheit aus, Geld für andere Dinge wie beispielsweise Urlaub auszugeben. Die Europäische Zentralbank führt beispielsweise einen deutlichen Anstieg des Sparvermögens in der Eurozone auf „unfreiwilliges Sparen“ mangels Konsumgelegenheiten zurück (was sich in der der zweiten Welle der Corona-Gegenmaßnahmen wohl eher in ein „Vorsichtssparen“ drehen dürfte) – ein ähnlicher Effekt könnte auch hier am Werk sein.

Mieter häufiger in finanziellen Schwierigkeiten

Vor der Vergabe eines Immobilienkredites stellen Banken einen Haushaltsplan auf und prüfen, ob die Hypothekenraten für den Antragsteller auch dauerhaft tragbar sind. Da liegt es nahe, dass Eigenheimfinanzierer eher seltener als Mieter in Schwierigkeiten kommen dürften, was das Aufbringen der Wohnkosten angeht. Wie in denvergangenen Jahren zeigt sich auch 2020, dass Mieter zu höheren Anteilen als Eigentümer angeben, dass ihnen das Aufbringen der monatlichen Zahlungen schwer oder sehr schwer fällt.

Umgekehrt sind es deutlich mehr Eigentümer mit Finanzierung, denen die Zahlung ihrer Hypothekenraten leicht oder sehr leicht fällt, als das bei Mietern und ihrer Miete der Fall ist. Das gilt gleichermaßen für Deutschland und den europäischen Durchschnitt.

Mietenregulierung? Deutsche sind unentschlossen

Insbesondere die Mieter sind es auch, denen das in den letzten Jahren angezogene Preisniveau am Immobilienmarkt vor allem größerer Städte zu schaffen macht – während sich bestehende Eigentümer über den Wertzuwachs der eigenen vier Wände freuen können, steigen die Mieten (und die Preise für das Eigentum, mit dem man sich von der Mietentwicklung abkoppeln könnte, sogar noch schneller). Aus diesem Grund gab es in jüngerer Vergangenheit diverse Vorstöße, mit denen der Anstieg der Mieten begrenzt werden sollte.

So wurde 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt, die es den Bundesländern erlaubt, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt unter bestimmten Voraussetzungen bei neuen Mietverträgen den Anstieg der Miete gegenüber der vorherigen Vermietung zu begrenzen. Das Land Berlin ging noch einen Schritt weiter und verabschiedete im Januar 2020 den sogenannten „Mietendeckel“, mit dem die Miete anhand verschiedener Eigenschaften des vermieteten Wohnraums gesetzlich begrenzt wurde.

Um die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes wird derzeit gerichtlich gestritten. Ebenfalls in Berlin hat eine Bürgerinitiative ihren Ursprung, deren Ziel die Vergesellschaftung des Wohnungsbestands großer Immobilienunternehmen ist, um auf diesem Weg bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können.

Die Meinung deutscher Verbraucher zu diesen Maßnahmen ist gespalten. Während sich bei der Mietpreisbremse, die ja bereits seit einigen Jahren in Kraft ist, immerhin 46 Prozent der Befragten das Urteil zutrauen, dass diese kein effektives Instrument zur Regulierung des Mietmarkts darstellt, halten sich Zustimmung und Ablehnung bei den anderen beiden Maßnahmen ungefähr die Waage.

Corona bringt wohl keine Trendwende

Auch in Zeiten der Krise haben nur vergleichsweise wenige Verbraucher Probleme, ihre Miet- oder Hypothekenzahlungen aufzubringen. Dieser positive Befund steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Krise vor allem aufgrund staatlicher Stützungsmaßnahmen noch nicht voll auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen hat. Ob die Lage so stabil bleibt, auch nachdem Kurzarbeitergeld und Soforthilfen ausgelaufen sind, wird sich erst noch zeigen müssen.

Einen Beitrag hierzu könnten auch Maßnahmen zur Regulierung des Mietmarkts leisten. Diese sind jedoch einerseits umstritten und rechtlich umkämpft, andererseits trauen ihnen viele Verbraucher auch keine große Wirkung zu – womöglich ernüchtert von den Erfahrungen mit der Mietpreisbremse.

Entscheidungen über die Wohnsituation trifft man meist auf lange Sicht. Dementsprechend langsam reagiert auch der Immobilienmarkt auf aktuelle Entwicklungen. Während noch unklar ist, wie sich die Corona-Krise letztlich auf den Immobilienmarkt auswirken wird, haben sich die Verbraucher in dieser Hinsicht bereits eine Meinung gebildet: In Deutschland wie auch im Rest Europas trauen ihm nur wenige eine Corona-bedingte Trendwende zu. Sollte es dabei bleiben, wären das weiterhin gute Nachrichten für Eigentümer – und schlechte für die, die es erst noch werden wollen.

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