Aktuell ist das Transaktionsvolumen in ganz Europa nach wie vor niedrig, inflationsbereinigt ähnelt es dem der globalen Finanzkrise: die Liquidität ist überall gering, nicht nur bei Wohnimmobilien. Dieses Bild ändert sich jedoch. Die Marktzinsen beginnen zu sinken, die Liquiditätssorgen lassen nach, und die Immobilienwerte ändern die Richtung. Wir erwarten neue Kapitalzuflüsse und eine bessere Renditeentwicklung im Jahr 2025 und darüber hinaus.
Umfragen zu den Absichten der Anleger zufolge ist die Stimmung gegenüber dem Wohnungssektor weiterhin gut. Investoren und Portfoliomanager schätzen die stabilen Cashflows, die der Sektor angesichts des knappen Angebots in vielen europäischen Großstädten generieren kann, insbesondere, da die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Erholung noch groß ist.
Wohnimmobilien-Allokation wird weiter steigen
Ein Beispiel: Während das Transaktionsvolumen bei Gewerbeimmobilien derzeit etwa die Hälfte des Niveaus des letzten Zyklus beträgt, liegt es bei Wohnimmobilien eher bei drei Viertel. Im letzten Zyklus stiegen die institutionellen Allokationen in Wohnimmobilien von etwa 14 Prozent auf 22 Prozent. Wir erwarten, dass dieser Anteil weiter steigen wird, da die Werte in den „traditionellen“ Büro- und Einzelhandelssektoren gegenüber Sektoren mit einer besseren zugrunde liegenden Performance wie Wohnen, Logistik und Rechenzentren, neu bewertet werden.
So treiben unter anderem hohe Hypothekenkosten die Mietnachfrage bei knappem Angebot an. Zudem dürften die Einkommen der Haushalte steigen, da die niedrige Arbeitslosigkeit und die steigende Produktivität das Lohnwachstum stützen. Gleichzeitig stabilisieren sich die Investitionswerte, da die Renditeausweitung ihren Höhepunkt erreicht hat, und wir erwarten in den meisten Großstädten ein weiteres Mietwachstum, das zu einem Anstieg der Renditen führen wird.
Mietpreisbremsen in Berlin und Hamburg als Kapitalbarriere
Die besten Aussichten für das Mietwachstum bestehen in britischen Großstädten, wo sich das Einkommenswachstum niederschlägt, sowie in Deutschland und den Niederlanden, wo die Mieten noch vergleichsweise erschwinglich sind.
Gleichzeitig gibt es in einigen Märkten weiterhin Risiken im Zusammenhang mit dem regulatorischen Rahmen und der ESG-Regulierung. In einigen deutschen Städten wie Berlin und Hamburg stellt etwa die Mietpreisbremse ein spürbares Hindernis für den Markteintritt von Investoren dar, die Mietwachstum bei Entwicklungsprojekten einkalkulieren. Auch die ESG-Regulierung wirkt sich auf die Aussichten aus, nicht zuletzt, da sich der regulatorische Ansatz zur Erreichung der Klimaziele laufend weiterentwickelt und für zusätzliche Unsicherheit sorgt.
Möglichkeiten für alternative Wohnkonzepte
Wenn man den deutschen Wohnmarkt im Detail analysiert, muss man allem voran zwei wesentliche Aspekte betrachten: Erstens bleibt die Bereitstellung von Wohnraum auf gesellschaftlicher Ebene deutlich hinter den gewünschten Ergebnissen zurück. Dies zeigt sich an der sinkenden Erschwinglichkeit von Wohneigentum, den niedrigen Leerstandsquoten, die zu einem Mangel an Mietwohnungen führen, sowie an der schlechten Qualität des Wohnungsbestands in Teilen des privaten Mietwohnungssektors, insbesondere dort, wo kleine private Eigentümer dominieren.
Der zweite Aspekt ist die Durchführbarkeit, wobei das Thema ganzheitlich betrachtet wird und die Erschwinglichkeit und die Kosten für die Bereitstellung von Wohnraum einbezogen werden. Um die Erschwinglichkeit zu beurteilen, muss der Anteil des Haushaltseinkommens, der für die Wohnkosten aufgewendet wird (die in der Regel über einen längeren Zeitraum stabil bleiben), in den Wert des Wohnraums einbezogen werden, entweder durch die Anwendung einer Mietrendite oder einer Hypothek.
Zwar sind die Haushaltseinkommen insgesamt gestiegen, die Löhne jüngerer Arbeitnehmer, die für die Nachfrage neuer Haushalte entscheidend sind, sind jedoch vergleichsweise langsamer gewachsen. Gleichzeitig sind die Mietrenditen und Hypothekenkosten viel höher als in den letzten Jahren, wodurch der Kapitalwert von Wohnraum, den man sich mit dem heutigen Einkommen leisten kann, sinkt.
Der eingeschränkten Erschwinglichkeit von Miet- und Eigentumswohnungen stehen wesentlich höhere Baukosten gegenüber, so dass das Ergebnis vorhersehbar ist: Es wird weniger gebaut, weil es für Bauträger oder Investoren in vielen Fällen einfach nicht wirtschaftlich ist, in großem Umfang zu bauen.
Zwei Konsequenzen
Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen: Mit der Zeit wird sich diese Situation in Deutschland und anderen europäischen Ländern verbessern. Eine Kombination aus sinkenden Zinsen, steigenden Einkommen, sich stabilisierenden Baukosten und möglicherweise einigen politischen Eingriffen wird das Gleichgewicht zwischen der Erschwinglichkeit von Wohnraum und den Kosten für die Bereitstellung verbessern, so dass die Bautätigkeit wieder anziehen wird.
In der Zwischenzeit sehen wir zum Beispiel in Deutschland Chancen für kleinere Wohnkonzepte wie zum Beispiel Co-Living, die das Problem der Erschwinglichkeit lösen, indem sie weniger Platz pro Wohneinheit in Kombination mit gemeinsam genutzten Einrichtungen in einer Wohneinheit bieten. Ein ähnliches Muster ist auch in spezialisierten Wohnsektoren wie Senioren- und Studentenwohnungen zu beobachten, die speziell auf altersdemografisch bedingte Möglichkeiten ausgerichtet sind.