„Genehmigt ist noch nicht gebaut“

Die Zahl der Wohnungsgenehmigungen ist von Januar bis Ende September 2016 so stark gestiegen, wie seit 1999 nicht mehr. Die Statistik beinhaltet auch die Genehmigungen für Flüchtlingsunterkünfte.

Wer eine Baukredit in Anspruch nimmt sollte bedenken, dass die Zinsen künftig steigen können.
Vor allem Wohnheime und Mehrfamilienhäuser ließen die Zahl der Baugenehmigungen 2016 steigen.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind in Deutschland so viele Wohnungen genehmigt worden wie seit 1999 nicht mehr. Vor allem mehr Wohnheime und Mehrfamilienhäuser ließen die Zahl der neu genehmigten Einheiten auf 276.297 ansteigen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden berichtete.

Das waren rund 53.500 Wohnungen mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. In den Zahlen für Wohnheime sind auch Flüchtlingsunterkünfte enthalten. Die Zahl der Wohnungen in dieser vergleichsweise kleinen Kategorie stieg am stärksten um 129,6 Prozent auf 18.400.

Genehmigungen decken Bedarf nicht

Aus Sicht der Branche reichen die Genehmigungen allerdings nicht, um den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum vor allem in Ballungsräumen zu decken. „Genehmigt ist noch lange nicht gebaut“, sagte Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

Er rechnet nicht damit, dass in diesem Jahr die Marke von 300.000 Fertigstellungen geknackt wird. Man sei also noch weit entfernt von dem jährlichen Baubedarf von 350.000 bis 400.000 Wohnungen.

Nach Einschätzung des Deutschen Mieterbundes müssten über Jahre hinweg jeweils rund 400.000 Wohnungen genehmigt und gebaut werden, insbesondere im klassischen Mietwohnungsbau.

Niedrigzins löst Immobilienboom aus

Ein Grund für den Immobilienboom ist das extrem niedrige Zinsniveau. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen in der Eurozone auf das Rekordtief von null Prozent gesenkt. Baukredite sind so günstig wie seit Jahren nicht, während klassische Sparprodukte kaum noch Rendite abwerfen. Investoren flüchten daher auch in Immobilien, was die Nachfrage zusätzlich anheizt.

„Wir befürchten, dass viele Genehmigungen zunächst nur eingeholt werden, um die Spekulation zu befeuern. Das Grundstück steigt im Wert, wann gebaut wird, steht in den Sternen“, sagte Knipper.

Bundesbank sieht keine Blasengefahr

Die Bundesbank sieht trotz teils kräftig gestiegener Preise aber noch keine gefährlichen Übertreibungen. „Obwohl die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland seit dem Jahr 2010 deutlich steigen, gibt es aktuell keine Anzeichen für eine exzessive Kreditvergabe oder eine Abschwächung der Kreditvergabestandards“, sagte die Vizepräsidentin der Notenbank, Claudia Buch, jüngst.(dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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