Millionen Arbeitnehmer sind aktuell in Kurzarbeit. Sollte man bei der Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung sparen?
Brand: Ich würde überhaupt nicht empfehlen, eine Versicherung zu kündigen, weil man glaubt, das würde finanzielle Vorteil bringen. Denn nur weil ich jetzt arbeitslos geworden bin oder kurzarbeite, ist die Wahrscheinlichkeit nicht geringer, dass ich einen Schaden erleiden kann.
Da wir gerade über Kurzarbeit reden – es gibt sehr kulante, pragmatische Regelungen bei den Beitragszahlungen, ohne den Versicherungsschutz zu verlieren. Es ist immer noch ein Phänomen, dass der Großteil aller abgeschlossenen Versicherungen ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen wurde. Da sind teils spürbare Beitragsreduktionen möglich.
Neuhalfen: In der Kfz-Kaskoversicherung ist die Selbstbeteiligung beinahe selbstverständlich. Bevor ich in Zeiten von Kurzarbeit Versicherungsschutz aufgebe, ist eine Selbstbeteiligung eine sehr gute Empfehlung. Denn die lässt sich jederzeit wieder abwählen. Insofern kann man jedem Verbraucher nur empfehlen, einen Berater, seine Gesellschaft, seinen Ansprechpartner dazu zu kontaktieren. Das geht auf Zuruf – auch unterjährig.
Sie sprachen eben von Selbstbehalten. Um wie viel Prozent reduzieren Sie den Beitrag?
Brand: Wir sprechen über Prämiensenkungen im zweistelligen Prozentbereich. Generell habe ich in solch einer Notsituation die Möglichkeit, den Beitrag zu senken. Ich schätze, 80 bis 90 Prozent unserer Verträge sind ohne Selbstbeteiligung.
Neuhalfen: Das würde ich stützen, denn es ist ein echter Fundus für mögliche Veränderungen in der Zukunft. Wenn eine Hausratversicherung hundert Euro kosten würde, was sind davon zehn Prozent?
Der Gegenwert einer Pizza.
Neuhalfen: Über mehrere Jahre ist das die Selbstbeteiligung. Und wenn man sich selbst fragt, wie viele Schäden hatte ich in den letzten zehn Jahren, kann das eine Abwägung sein, die Sinn macht. Und bei einer Wohngebäudeversicherung reden wir über ganz andere Beiträge.
Ich würde zum Abschluss gern wissen, wo für Sie in den Segmenten die vertrieblichen Herausforderungen liegen?
Neuhalfen: Die meisten Deutschen sind versichert. Das heißt, das Neugeschäft des Versicherers A ist wahrscheinlich der Storno des Versicherers B. So gesehen reden wir von einem Kreislaufwirtschaftssystem, bei dem es darum geht, den Versicherungsbestand eines Kunden mit neuen Angeboten abzugleichen.
Dafür muss sich der Vermittler aber mit Themen beschäftigen, zum Kunden gehen und ihm bessere Alternativen offerieren. Damit der eigene Bestand einigermaßen stornosicher ist, wäre jeder Vermittler gut beraten, Tarife mit modernen Bedingungswerken und aktuellen Leistungen anzubieten.
Wir wissen, dass viele Vermittler in den Bereichen Hausrat und Wohngebäude Defizite haben. Sonst gäbe es nicht soviele Altverträge mit Lücken. Kommt es dann zu einem Schaden, kann es passieren, dass der Kunde schlechte Laune bekommt, weil er sich versichert wähnte, es aber gar nicht ist.
Brand: Wir sehen unsere Hauptaufgabe darin, dem Vermittler, der mit der gleichen Komplexität wie der Kunde konfrontiert ist, die Dinge so einfach wie möglich zu machen. In der Wohngebäudeversicherung wird oft noch eine Tarifform genutzt, die auf den Wert von 1914 abstellt.
Der wird in Reichsmark angegeben und über eine sehr komplexe Formel erfolgt eine Rückrechnung eines Gebäudes auf das Jahr 1914 und dann eine Umrechnung auf den Gegenwartswert. Da wäre dem Vermittler mit einfacheren Lösungen wie dem Quadratmetermodell geholfen, das für Sicherheit bei den Entschädigungsgrenzen der versicherten Leistung sorgt. Oder nehmen Sie die Unterversicherungsverzichtsklauseln.
Sie suggerieren, dass man nicht mehr unterversichert ist. Aber die Versicherer wären ja nicht Versicherer, wenn es eine Unterversicherung nicht doch noch gäbe. Wenn Ihr Vertrag eine entsprechende Unterversicherungsverzichtsklausel enthält und der Schaden deutlich darüber hinausgeht, haben Sie doch wieder eine Unterversicherung.
Eine Lösung sind sogenannte Höchstversicherungssummen. Gerade Makler und unabhängige Vertriebe sind dankbar für einfache Lösungen, die im Hinblick auf das Leistungsangebot für den Kunden echte Sicherheit schaffen. Das wird goutiert.
Nairz: Rund 25 Prozent der Haushalte haben keine Hausratversicherung. Insofern gibt es Bedarf am Markt. Und es gibt andere neue Kanäle, über die Versicherungen abgeschlossen werden können. Und das ist genau das, wo wir als Iptiq ansetzen.
Mit modularen Produkten, die individuell auf den Kunden zugeschnitten werden können. Mit einfachen Bedingungen, mit Transparenz. Es geht darum, dort ein Angebot zu schaffen, das es so am Markt bis dato noch nicht gibt.
Und unseren Partnern, die primär nicht in der Versicherungsindustrie tätig sind, die Möglichkeit gibt, mit neuartigen Versicherungen die Kunden zu erreichen und sich am Markt zu differenzieren. Das ist der Ansatz, den wir verfolgen. Die Herausforderung allerdings bleibt, dem Kunden das bestmögliche Produkt für den individuellen Absicherungsbedarf zu verkaufen.
Das Gespräch führte Cash.-Redakteur Jörg Droste
Foto:Cash./Anne Mutter