Kurz schien es, als habe der Goldpreis seine Verschnaufpause beendet. Schließlich war am vergangenen Freitag eine Feinunze des Edelmetalls mit 2.392,80 Dollar so teuer wie seit rund sechs Wochen nicht mehr. Beflügelt wurde der Kurs gleich von mehreren Seiten, wie etwa dem jüngst veröffentlichten US-Arbeitsmarktbericht für Juni. Der Bericht fiel schwächer aus als erwartet und bestärkte die Marktteilnehmer in der Hoffnung, dass die US-Notenbank im September mit der Senkung der Leitzinsen beginnen wird. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich überraschend auf 4,1 Prozent, während Ökonomen mit einer unveränderten Quote von 4,0 Prozent gerechnet hatten. Zugleich rutschte der Dienstleistungs-ISM-Index im Juni unter die Marke von 50 und signalisiert damit einen wirtschaftlichen Abschwung.
Die Devise „Higher for longer“ der Federal Reserve, also längere Zeit hohe US-Leitzinsen, könnte damit bald Geschichte sein.
Laut dem FedWatch Tool der Chicagoer Terminbörse CME ist die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Währungshüter ihre Leitzinsen im September um 25 Basispunkte auf eine Spanne von dann 5,00 bis 5,25 Prozent senken werden, zuletzt auf aktuell 70 Prozent gestiegen – nach 63,4 Prozent vor einer Woche. Dennoch fiel der Goldpreis zu Beginn dieser Woche auf rund 2.355 Dollar zurück. Angesichts der anstehenden Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise im Juni zeigten sich die Marktteilnehmer offenbar vorsichtig.
Viele Anleger mit Informationsdefizit
Schlechte Laune müssen Anleger nun aber nicht haben, im Gegenteil. Denn nach Ansicht des World Gold Council (WGC) stellt dieses Niveau ein interessantes Einstiegsniveau dar. In ihrem Bericht für das erste Halbjahr 2024 gehen die Autoren davon aus, dass anhaltende geopolitische Spannungen und ein lethargischer Aktienmarkt die Anleger dazu veranlassen werden, ihr Kapital mit Gold gegen erhöhte Risiken abzusichern.
Eine Umfrage des WGC unter 525 professionellen Investoren in Nordamerika zeigt einen deutlichen Anstieg der Goldallokation in den Depots. 85 Prozent der Befragten gaben an, in dem Edelmetall investiert zu sein, gegenüber 69 Prozent im Jahr 2018 und 76 Prozent im Jahr 2019. Mehr als die Hälfte der Finanzprofis hält mindestens ein Prozent ihres verwalteten Vermögens in Gold. 24 Prozent haben einen Anteil von drei Prozent oder mehr, während es bei gut einem Viertel weniger als ein Prozent ist.
Für die Mehrheit der Befragten ist das begehrte Edelmetall ein „hervorragender Portfolio-Diversifikator“ und „guter Inflationsschutz“. Interessant: Trotz einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 8,8 Prozent in den letzten 25 Jahren, die deutlich über dem DAX (5,3 Prozent) und auch leicht über dem S&P 500-Index (8,3 Prozent) liegt, glauben 60 Prozent der Befragten, dass Gold anderen Anlageklassen hinterherhinkt.
Investoren wagen sich aus der Deckung
Auch mit Blick auf die Handelbarkeit zeigten viele Befragte ein Informationsdefizit. Nur 52 Prozent der Goldbesitzer halten das Edelmetall für eine liquide Anlage, bei den Nichtbesitzern ist es nur jeder Vierte. Fast jeder vierte Umfrageteilnehmer, der kein Gold besitzt, nannte die Liquidität gar als Hindernis für ein Investment. Dies zeigt: Eine bessere Aufklärung könnte diese Anlegergruppe von den Vorteilen eines Gold-Engagements überzeugen und so die Nachfrage zusätzlich beflügeln.
Hinsichtlich des künftigen Anlageverhaltens gab mehr als ein Viertel der Befragten an, ihre Goldbestände in den nächsten zwölf bis 18 Monaten aufstocken zu wollen – mehr als doppelt so viele wie diejenigen, die ihre Positionen abbauen wollen. Der am häufigsten genannte Grund für einen Zukauf ist die Rolle von Gold als „bewährter Diversifikator, insbesondere in Zeiten finanzieller Turbulenzen und wirtschaftlicher Unsicherheit“: 46 Prozent der Befragten wählten dies als einen der drei wichtigsten Gründe.
Die Zuflüsse in die großen Edelmetall-ETFs signalisieren bereits das steigende Anleger-Interesse. So meldete der SPDR Gold Shares am 3. Juli Goldbestände von 834,81 Tonnen; dies entspricht einem Zuwachs von 5,76 Tonnen innerhalb einer Woche. Der Anstieg ging mit Nettoinvestitionen in den Fonds in Höhe von 323 Millionen Dollar einher. Der weltweite Bestand an börsengehandelten, mit physischem Gold besicherten Wertpapieren liegt aktuell bei 3.088 Tonnen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch 1.483 Tonnen.