WP-Prospektgutachten wurden bislang hauptsächlich zur Absicherung des Vertriebs erstellt. Über den künftigen Nutzen der Gutachten sprach Cash. mit Martin Klein, Rechtsanwalt und geschäftsführender Vorstand des Vertriebsverbands Votum.
Cash.: Wie beurteilen Sie den neuen IDW S4?
Klein: Die Verabschiedung der Neufassung ist grundsätzlich zu begrüßen. Der Markt hat jetzt die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob er mit dem Standard arbeiten möchte oder sich dieser in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass sich ein Prospektprüfungsstandard nur auf die zwingenden Inhalte eines Prospektes beschränkt. Dass eine materielle Vollständigkeit nicht geprüft wird, passt jedoch zu dem Gesamtbild, dass hier eine Enthaftung der Wirtschaftsprüfer angestrebt ist. Das wurde auch bei einem Fachgespräch des IDW im April deutlich. Dem Vertrieb wurde anheim gegeben, eigene Gutachten in Auftrag zu geben, um seine Haftungssituation zu erleichtern. Dies könnten jedoch keine S4-Gutachten sein, da hierfür nur ein Prospektherausgeber als Auftraggeber in Betracht käme.
Werbeunterlagen sind von der Prüfung ausgenommen. Welche Folgen hat das für die Rechtssicherheit im Vertrieb?
Ich halte es für maßgeblich, dass der Vertrieb eine verlässliche Beurteilung erhält, dass die Werbeunterlagen des Anbieters rechtskonform sind. Es kommt darüber hinaus immer wieder vor, dass Aussagen in Werbeunterlagen im Widerspruch stehen zu den offziellen Prospektunterlagen, auch weil durch die notwenige Verkürzung beim Anleger zum Teil ein falscher Eindruck entstehen kann. Wenn diese Begutachtung nicht im Rahmen der IDW S4-Prüfung erfolgt, sollte sie gesondert durch ein Ergänzungsgutachten erfolgen.
Seite zwei: „Vertrieb haftet für Plausibilitätsmängel“