Kurz vor der Finanzanlagenvermittlungs- trat am 1. November die WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung in Kraft. Das Bundeskabinett hat zudem am 19. Dezember den Gesetzentwurf zur Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente beschlossen.
Kolumne von Ulrich A. Nastold, Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR
Reformvorschriften der letzten Jahre für die Entwicklung von Produkten, die Produktanbieter und die Vertriebe sollten vor allem der Verbesserung des Anleger- und Verbraucherschutzes dienen.
Produkte sollen verständlich(er) sein oder es jedenfalls werden. Durch neue gesetzliche Vorgaben des WpHG soll zudem sichergestellt sein, dass die Produktanbieter und die mit dem Absatz der Produkte betrauten Vermittler und Berater über entsprechende Kompetenzen verfügen.
Wertpapierhandelsgesetz in Kraft getreten
Am 1. November 2012 ist Paragraf 34d Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) in Kraft getreten. Die Vorschrift legt fest, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen Mitarbeiter nur dann mit bestimmten Aufgaben betrauen dürfen, wenn diese über entsprechende Sachkunde und Zuverlässigkeit verfügen.
Betroffen sind Mitarbeiter, die in der Anlageberatung, als Vertriebsbeauftragte oder als Compliance-Beauftragte eingesetzt werden. Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen diese Personen sowie mögliche Beschwerden, die über diese Personen eingehen, der BaFin anzeigen.
Die BaFin wiederum kann künftig Verwarnungen aussprechen, Bußgelder verhängen oder sogar den Einsatz von Mitarbeitern untersagen, wenn die Anforderungen nicht erfüllt werden oder wenn gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen wird.
Das neue BaFin Melde- und Veröffentlichungsportal
Die Vorgaben gemäß Paragraf 34d WpHG werden durch die WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung konkretisiert. Diese ist ebenfalls am 1. November 2012 in Kraft getreten.
Paragraf 1 dieser Verordnung konkretisiert die Anforderungen an die Sachkunde, über die auch der Vertriebsbeauftragte des Unternehmens (vgl. Paragraf 2 der Verordnung) und der Compliance-Beauftragte (vgl. Paragraf 3 der Verordnung) verfügen müssen. Die Sachkunde muss jeweils durch geeignete Ausbildungs-, Abschluss- und Schulungszeugnisse dokumentiert werden.
Die Paragrafen 4 und 5 der Verordnung listen Berufsqualifikationen auf, bei denen das Vorhandensein der Sachkunde unterstellt wird. Die BaFin stellt den meldepflichtigen Unternehmen ein Melde- und Veröffentlichungsportal (MVP-Portal) – das auch als „Beschwerderegister“ gehandelt wird – zur Verfügung.
Aus der Verordnung ergibt sich, in welcher Form und mit welchem Inhalt die Anzeigen einzureichen sind.
Die BaFin hat hierzu auch ein Fachinformationsblatt veröffentlicht. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen trägt die Verantwortung für die Vollständigkeit, die Richtigkeit und die Aktualität der von ihm angezeigten und automatisiert in die Datenbank eingestellten Angaben. Falls Berichtigungen erforderlich werden, sind diese ebenfalls im elektronischen Anzeigeverfahren vorzunehmen.
Zugang zum Kunden erschwert
Für „alte Hasen“, das heißt Personen, die seit dem 1. Januar 2006 ununterbrochen als Mitarbeiter in der Anlageberatung, als Vertriebsbeauftragter oder als Compliance-Beauftragter eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tätig waren, wird vermutet, dass sie jeweils die erforderliche Sachkunde haben, wenn die Anzeigen bis zum 1. Mai 2013 eingereicht werden.
Gesetzgeber und BaFin haben mit dieser Verordnung erneut Hürden fachlicher und regulatorischer Art vorangestellt, die zuerst genommen werden müssen, bevor der Zugang zum Kunden erlaubt ist.
Diesem gegenüber muss in Bälde auch der freie Finanzdienstleister, der Finanzanlagen vermittelt, die ihm von Dritten gewährten Zuwendungen offenlegen. Trotz seit Jahren festzustellender Tendenzen mit Kunden, die in finanziellen Angelegenheiten beraten werden möchten, Honorarvereinbarungen zu schließen, ist in Deutschland nach wie vor die provisionsbasierte Beratung und Vermittlung die geläufigste Form der Vergütung von Finanzdienstleistern.
Die Honorar-Anlageberatung als neuer „offizieller“ Vertriebsweg
Nunmehr hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente beschlossen. Mit dem Gesetz soll unter dem Begriff der „Honorar-Anlageberatung“ eine neue Form der Anlageberatung geschaffen werden, an die über das bisherige Berufsbild hinausgehende Anforderungen gestellt werden.
Der Gesetzentwurf orientiert sich am Vorschlag der Europäischen Kommission zur Neufassung der MiFID-Richtlinie und zeigt die Tendenz, dass über die Produktklassen hinweg eine immer weitere Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen erfolgt.
Die Honorar-Finanzanlagenberater benötigen wie der gewerbliche Finanzanlagenberater, der künftig eine Erlaubnis nach Paragraf 34f GewO benötigt, eine eigenständige gewerberechtliche Erlaubnis.
Die Gewerbeordnung soll zu diesem Zweck um einen Paragrafen 34h ergänzt werden. Wie beim gewerblichen Finanzanlagenvermittler sind Voraussetzungen für die Erteilung dieser Erlaubnis ein Sachkundenachweis und eine Berufshaftpflichtversicherung.
Der Berater darf Zuwendungen Dritter nicht entgegennehmen, sondern den Kunden nur gegen von diesem zu zahlendes Honorar beraten. In Fällen, in denen Finanzinstrumente nicht provisionsfrei, das heißt als Netto-Produkt, am Markt erhältlich sind, ist es dem Anlageberater im Zusammenhang mit der Honorar-Anlageberatung erlaubt, Zuwendungen von Dritten anzunehmen. Er muss diese aber unverzüglich und ungemindert an den Kunden weiterleiten.
Das von den Industrie- und Handelskammern für Finanzanlagenberater künftig zu führende Register soll um ein Register für den Honorar- und Finanzanlagenberater erweitert werden. Die Honorar-Anlageberatung soll nur derjenige durchführen dürfen, der bei der Beratung einen ausreichenden Marktüberblick zugrundelegen kann.
Strenge Trennung klassischer und Honorar-Beratung
Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf die Anlageberatung nur dann als Honorar-Anlageberatung erbringen, wenn es ausschließlich Honorar-Anlageberatung erbringt oder es die Honorar-Anlageberatung organisatorisch, funktional und personell von der übrigen Anlageberatung trennt.
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird darauf hingewiesen, dass eine organisatorische, funktionale und personelle Trennung auch erfordert, dass ein direkter Vorgesetzter, der für die Honorar-Anlageberatung zuständig ist, nicht dem Bereich der übrigen Anlageberatung zugehört oder für beide Bereiche der Anlageberatung zuständig ist.
Guter Rat ist nicht umsonst, muss aber bezahlbar bleiben
Auch wenn im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch mit Änderungen zu rechnen ist, ist die honorarbasierte Beratung gewünscht. Dem Kunden soll durch die begriffliche Trennung deutlich werden, welche Art von Dienstleistung ihm angeboten und wie diese Dienstleistung vergütet wird.
Die Sensibilität des Anlageinteressenten dafür, dass eine qualifizierte Beratung Geld kostet, wird gesteigert. Insoweit ist der jetzt dem Gesetzgeber eingeschlagene Weg nur konsequent.
Autor Ulrich A. Nastold ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR in Köln.
Foto: Guido Schiefer