Grund sei, dass die Branche in Europa in einer guten Verfassung war, als sie von der Krise getroffen wurde. Deshalb konnten die Unternehmen im Jahr 2020 überwiegend profitabel agieren. Besonders widerstandsfähig zeigten sich die 25 größten europäischen Versicherer bei der Solvenz. Diese sank im Krisenjahr 2020 nur unwesentlich und verblieb leicht unter Vorjahr auf einem sehr guten Niveau.
„Europas Top-Versicherer haben die Verwerfungen im ersten Coronajahr weitgehend gut überstanden. Es ist ihnen gelungen, profitabel zu wirtschaften und angesichts schwieriger Rahmenbedingungen auf Kurs zu bleiben. Im Gegensatz zu anderen Branchen blieben die Versicherer damit ein Stabilitätsanker in der Coronapandemie“, sagt Dr. Jan Hendrik Sohl, Partner bei Zeb,
Versicherer waren 2020 profitabel
Die aktuelle Studie zeigt im Detail, wie die Coronakrise die Profitabilität der Versicherer beeinträchtigt hat. So gingen die Nettoerträge der Top-25-Unternehmen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel zurück. Ausschlaggebend dafür waren zum einen Einbußen bei der Kapitalanlage, zum anderen versicherungstechnische Aspekte.
Dazu zählen höhere Schadenquoten durch den Ausfall von Veranstaltungen oder durch Betriebsschließungen. Beides hat die Eigenkapitalrendite gedrückt. Sie ist bei Europas Top-25-Versicherern im Jahr 2020 um 3,5 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent gesunken. Dennoch lag sie weiter über den Kapitalkosten. Die Versicherer wirtschafteten 2020 also trotz Krise und Einbußen profitabel, stellen die Studienautoren fest.
Solvenz in der Krise auf hohem Niveau
Bei der Solvenz konnten die Studienautoren von Zeb kaum pandemiebedingte Auswirkungen ausmachen. Zwar sanken die entsprechenden Quoten im ersten Halbjahr 2020 zwischenzeitlich, dieser Effekt wurde jedoch im Laufe des Jahres weitgehend ausgeglichen.
Die europäische Versicherungswirtschaft hielt ihre Solvenzquote mit durchschnittlich 236 Prozent nahezu konstant (2019: 242 Prozent). Mit 215 Prozent lag die Quote der für die EIS detailliert betrachteten Top-25-Versicherer ebenfalls auf einem sehr guten Niveau und damit weit oberhalb der durch Solvency II vorgeschriebenen 100 Prozent.
Prämien im Segment Leben schrumpfen
Nach zuletzt wachstumsstarken Jahren sind die europäischen Versicherer 2020 vor allem im Segment der Lebensversicherungen geschrumpft. Hier gingen die Bruttoprämien in Märkten wie der Schweiz oder in Spanien um rund 20 Prozent zurück.
Bei den Schaden- und Unfallversicherungen war hingegen nur eine moderate Wachstumsdelle zu erkennen, auch die Krankenversicherungen blieben stabil. Während die Prämien der Top-25-Versicherer in Europa im Durchschnitt um 6,9 Prozent sanken, fiel der Rückgang bei den Leben-dominierten Versicherungsgruppen mit 14 Prozent wesentlich deutlicher aus.
Erfolg durch fokussierte Produkt- und Vertriebsstrategie
Ein Kern der EIS beschäftigte sich mit der Frage, wie es Versicherern gelingen konnte, über Jahre konstant stärker zu wachsen als der Markt und so ihre Marktanteile zum Teil beeindruckend auszubauen. Einige Versicherer konnten diese mehr als verdoppeln.
Dazu wurden die vier Versicherungsmärkte Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien über die Dekade von 2010 bis 2020 detailliert analysiert: Es zeigte sich, dass fast alle Outperformer eine fokussierte Produkt- und Vertriebsstrategie vorweisen konnten. Zudem ergab der Dekadenblick, dass Spezialisten auf allen vier Märkten erfolgreicher unterwegs waren als die Generalisten unter den Versicherungsunternehmen.
Direktvertrieb ist Wachstumsmotor
Wenig überrascht hat die Autoren der Studie, dass der Direktvertrieb von Versicherungsprodukten nach wie vor ein erheblicher Wachstumstreiber ist. So nahm dieser bezogen auf das Neugeschäft im Segment Schaden/Unfall in Deutschland in den letzten zehn Jahren von 9,4 Prozent (2010) auf 13,7 Prozent (2020) zu.
Gleichzeitig konnten die größten Direktversicherer ihre Bruttoprämien von 1,3 Milliarden Euro (2010) auf drei Milliarden Euro (2020) mehr als verdoppeln. In anderen europäischen Ländern wie Finnland, Großbritannien und Frankreich liegt der Anteil des Direktvertriebs im Segment Schaden/Unfall mit über 30 Prozent sogar noch deutlich höher.
Um den Direktvertrieb weiter zum Wachstumsmotor auszubauen, haben die Studienautoren konkrete Lösungsansätze und Erfolgsfaktoren herausgearbeitet. Hierzu gehören neben der Ableitung einer strategischen Stoßrichtung die Bündelung von Verantwortlichkeiten, eine transparente Erfolgsmessung und die Herstellung eines einheitlichen Datenhaushalts.
„Der Trend zum direkten, digitalen Verkauf von Finanzprodukten hat durch Corona einen weiteren Schub erhalten. Die Produkte sind noch einfacher und modularer geworden. Viele Menschen haben im Lockdown erkannt, wie einfach sich Versicherungen online abschließen lassen. Zukünftig wird ein organisches Wachstum ohne einen gut aufgestellten Direktvertrieb nicht mehr möglich sein“, lautet das Fazit von Guido Enck, Manager bei Zeb.