Das Ausmaß der Kursschwankungen hat Anleger im letzten Jahr immer wieder aufs Neue überrascht. Die Fundamentaldaten deutenauf eine Konjunkturabkühlung hin, die Kursausschläge sind jedoch vor allem eine Reaktion auf die Eingriffe der Zentralbanken. Ein Kommentar von Benjamin Melman, Global CIO Asset Management bei Edmond de Rothschild Asset Management.
Das Ausmaß der Kursschwankungen hat Anleger im letzten Jahr immer wieder aufs Neue überrascht. Die Fundamentaldaten deuten auf eine Konjunkturabkühlung hin, die Kursausschläge sind jedoch vor allem eine Reaktion auf die Eingriffe der Zentralbanken. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) spielt dabei eine führende Rolle:
US-Notenbank Federal Reserve hält führende Rolle
Noch 2018 wollte die amerikanische Zentralbank ihre Geldpolitik normalisieren, in diesem Jahr kam es zu einem Kurswechsel. Sollte sich die Konjunktur nicht schnell erholen, will die Fed durch eine oder mehrere Zinssenkungen die Zügel lockern und so die Finanzierungskonditionen verbessern.
Die Fed – und in geringerem Umfang auch die Europäische Zentralbank (EZB) – waren nicht nur maßgeblich für die Kurseinbrüche im vierten Quartal 2018 verantwortlich, sondern haben mit ihrer Kehrtwende auch entscheidend zu der robusten Erholung seit Jahresanfang beigetragen.
Investitionen sind überall in der Welt zurückgegangen
Zweifellos wurde die Konjunkturabkühlung, die die Zentralbanken zum Handeln veranlasste, zu einem großen Teil durch einen Stimmungseinbruch der Unternehmen ausgelöst, nachdem sich Trump schon vor Wahlkampfbeginn für die nächste US-Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr für eine protektionistische Wirtschaftspolitik ausgesprochen hatte. Die Unternehmen haben ihre Planungssicherheit verloren, fast überall in der Welt sind die Investitionen deutlich zurückgegangen.
Wie sich an den Kapitalflüssen ablesen lässt, hat sich auch unter Anlegern eine abwartende Haltung durchgesetzt, die in deutlichem Gegensatz zu der Euphorie an den wichtigsten Aktienmärkten steht.
Wegen der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit und der sinkenden Inflation können sich die Zentralbanken proaktive Eingriffe erlauben und den Märkten gleichzeitig signalisieren, dass Abwarten nicht zu steigenden Zinsen und damit zu einem Teufelskreis zwischen Konjunkturzyklus und Finanzmärkten führt.
Die Zentralbanken haben Fakten geschaffen
Die Zentralbanken haben die Abkopplung der Märkte von den Fundamentaldaten aktiv betrieben, was sich jetzt rächen könnte. Ein hypothetisches Beispiel aus dem Lehrbuch: Donald Trump verkündet per Twitter, das Handelskriegsbeil zu begraben. An den Märkten stellen sich daraufhin Zweifel an der von den Zentralbanken in Aussicht gestellten Lockerung der Geldpolitik ein.
Turbulenzen an den Rentenmärkten wären die wahrscheinliche Folge, und auch andere Assetklassen würden wohl in Mitleidenschaft gezogen. Ob Anleger die guten Nachrichten tatsächlich begrüßen würden, ist schwer vorherzusagen – es sei denn, die Zentralbanken würden an der expansiven Politik festhalten, die sich bereits heute aus den Kursen ablesen lässt.
Inwieweit können Zentralbanken das Risiko eingehen?
In diesem Fall jedoch würden sie eindeutig eine Finanzblase schaffen. Daher müssen wir abwägen, inwieweit die Zentralbanken ein solches Risiko eingehen können. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten.
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