„Zu Beginn der vergangenen Woche lösten die gesunkenen US-Aktienkurse eine Flucht in Qualität aus. Die Wirtschaftsdaten sind zwar weiterhin relativ gut. Bedenken über die Auswirkungen von Zöllen und Stellenstreichungen der US-Regierung auf die Wirtschaftstätigkeit haben aber zu einer gewissen Besorgnis hinsichtlich der zukünftigen Aktienmarktentwicklung geführt.
Es ist schwierig, Argumente für eine zeitnahe Zinssenkung durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu finden. Trotz der etwas besser als erwartet ausgefallenen US-Verbraucherpreisindizes bestehen im Zusammenhang mit der Zollpolitik weiterhin Inflationsrisiken.
Die Einführung von Zöllen in der US-Wirtschaft stellt so etwas wie einen negativen Angebotsschock dar. Die Zinspolitik ist jedoch kein so hilfreiches Instrument im Zusammenhang mit Angebotsschocks, wie wir während der Coronapandemie erlebt haben.
Die Terminmärkte preisen für den Rest des Jahres 2025 Zinssenkungen der Fed um 75 Basispunkte ein. Aus unserer Sicht ist dies zu viel. Es ist immer noch schwer auszuschließen, dass die Fed im nächsten Schritt eine Zinserhöhung vornimmt – auch wenn die Zinssätze über ihrer Einschätzung des langfristigen neutralen Niveaus liegen.
Die Währungshüter haben den Anstieg der Inflation im Jahr 2021 fälschlicherweise unterschätzt und werden einen solchen Fehler nicht wiederholen wollen. Wir denken daher, dass es eine Schmerzgrenze bei 4,0 Prozent für den Kern-Verbraucherpreisindex (3,5 Prozent für die Kernrate der persönlichen Konsumausgaben) geben könnte, ab der sich die Fed unter Druck gesetzt fühlen könnte, die Zinsen anzuheben.
Auf unserer Seite des Atlantiks stehen weiterhin die potenziellen Auswirkungen der geplanten finanzpolitischen Kehrtwende in Deutschland im Fokus der Marktteilnehmer. Wir gehen davon aus, dass sie das Wachstum auf 1,5 Prozent forcieren könnte. Auch die Inflation sehen wir höher als zuvor: Der Verbraucherpreisindex dürfte sich auf etwa 2,5 Prozent belaufen, während er zuvor bei knapp unter 2 Prozent lag. Da auch die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Prognosen revidiert, bedeutet dies unserer Meinung nach, dass wir die letzte Zinssenkung im aktuellen Lockerungszyklus gesehen haben könnten. Vor diesem Hintergrund sind wir der Meinung, dass die Marktteilnehmer immer noch zu viel zusätzliche geldpolitische Lockerung erwarten.
Wir denken, dass der politische Lärm aus Washington nach ein paar turbulenten Wochen etwas nachlassen könnte. Die makro- und geopolitische Neuausrichtung kann sowohl kurz- als auch langfristige Auswirkungen auf die Volkswirtschaften und die Preise von Vermögenswerten haben. Kurzfristig könnten für Risikoanlagen weiterhin Abwärtsrisiken bestehen, weshalb wir bei einer vorsichtigen Haltung bleiben. Wir sind jedoch der Meinung, dass die Ängste vor einer Konjunkturabschwächung nicht überbewertet werden sollten. Eine Rezession in den USA in diesem Jahr halten wir weiterhin für unwahrscheinlich.“