Berater und Vermittler sind per Gesetz verpflichtet, die von ihnen offerierten Anlagen auf ihre Plausibilität zu prüfen. Doch wo sind die Grenzen im Einzelfall zu ziehen? Inwieweit Angebote externer Dienstleister Finanzberatern aus der Haftungsfalle helfen können.
Text: Professor Dr. Thomas Zacher, Kanzlei Zacher & Partner
Das Stichwort der „Plausibilitätsprüfung“ ist ein Reizthema bei vielen Branchengesprächen. Selbst bei den früher „ungeregelten“ Produkten wie zum Beispiel geschlossenen Fonds gibt es heute das obligatorische Gestattungsverfahren durch die Bafin. Viele Produktgeber lassen zudem ihre Angebote durch namhafte externe Gutachten zu einzelnen Aspekten – etwa dem steuerlichen Konzept – oder insgesamt (etwa durch sogenannte IDW-S4-Gutachten nach den Vorgaben des Instituts für Wirtschaftsprüfer) überprüfen.
Hinzu kommen häufig Ratings von verschiedenen Anbietern sowie die Berichterstattung in der Fach- und Branchenpresse. Grundsätzlich muss der einzelne Berater oder Vermittler diese Unterlagen nach der Rechtsprechung nicht nur kennen und berücksichtigen, sondern sich daraus ergebende Risiken für das Anlageprodukt auch seinem Kunden transparent machen. Schon hier hängen die Trauben oftmals hoch, insbesondere wenn man die nach wie vor (bis auf das „Handelsblatt“) im Einzelfall nicht eindeutig geklärte Frage betrachtet, welche Veröffentlichungen der Anlageberater berücksichtigen und gegebenenfalls in sein Beratungsgespräch mit einfließen lassen muss.
Dennoch ist die Rechtsprechung hier ebenso hart wie unscharf. Zunächst einmal gilt der Grundsatz, dass der Anlageberater „zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet“ ist, und „deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischen Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen“ muss (jüngst BGH, Urteil vom 16. September 2010 – Az.: III ZR 14/10).
Dabei hat die Rechtsprechung bereits entschieden, dass den Anlageberater die – derzeit ohnehin meist nur formale – Bafin-Zulassung ebenso wenig entlastet wie ein positives Gutachten nach dem ja durchaus anspruchsvollen IDW-S4-Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer. Für viele Branchenteilnehmer ist dann kaum noch nachvollziehbar, wie sie selbst die Anforderungen eines „Obergutachters“ bei Vorliegen derart qualifizierter Unterlagen noch sollen erfüllen können.