Im Hinblick auf die Anteile an den Bestandsprovisionen, die letztlich nur aufgrund der geschönten Kontostände der Anleger zur Auszahlung gekommen waren, musste das Gericht noch weiter ausholen. Hier kam es zunächst konsequent zu einer unentgeltlichen Leistung mit der Folge der Rückzahlungsverpflichtung.
Auch dies war jedoch nur ein Zwischenergebnis. Nach ausführlicher Würdigung des Für und Widers der Interessenlage judizierte das Oberlandesgericht, dass der gutgläubige Vermittler deshalb schützenswert sei, weil er seine beruflichen Ressourcen unwiederbringlich für die Vermittlung und Bestandspflege eingesetzt habe und dementsprechend nicht anderweitig zur Einnahme- und Gewinnerzielung verwenden konnte. Daher müsse er so gestellt werden, als ob er auch diesen Provisionsanteil verdient habe. Hinzu komme das praktische Problem, dass der Vertrieb selbst im Nachhinein oft kaum feststellen könne, welcher Provisionsanteil real und welcher nur „scheinbar“ verdient worden wäre.
Obwohl die Revision zugelassen wurde, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Der beklagte Vertrieb konnte insoweit aufatmen, als er nicht auch noch neben seinem enttäuschten und damit verlorenen Kundenstamm auch noch einen Teil seiner Provisionen wieder zurückzahlen musste.
Auch wenn die Richter damit ein Herz für die Belange des Vertriebs zeigten, betont doch das Urteil auch die Grenzen des Vertrauensschutzes für den Vertrieb. Erstens lautet die Grundaussage, dass unwirksame Verträge zwischen Kunden und Produktgebern prinzipiell nicht zu Provisionsansprüchen führen. Nur bei späteren Vertragsmängeln, welche vom Provisionsverpflichteten zu vertreten sind, ist der Provisionsanspruch im Regelfall nicht gefährdet (vergleiche zum Beispiel Paragraf 87a III HGB).
Bei anfänglich eindeutig rechtswidrigen oder sittenwidrigen Verträgen kann allenfalls im Ausnahmefall der Gutgläubigkeit des Vermittlers eine Ausnahme bestehen. Dabei werden die Verhältnisse selten so klar wie im Phoenix-Skandal liegen.
Die zweite Grundaussage gilt den Bestandsprovisionen. Sie sind eine entgeltliche Leistung und aus diesem Grund auf ein fortdauerndes Leistungsaustauschverhältnis gerichtet, also weder eine weitere Abschlussvergütung noch eine unentgeltliche „Draufgabe“. Auch sie werden aber im Regelfall nur auf realer und rechtswirksamer Grundlage geschuldet. Dazu gehört auch – wie die Rechtsprechung seit Langem betont –, dass die Bestandspflege vertraglich und rechtlich überhaupt noch möglich ist.
Dies gilt zum Beispiel auch dann nicht mehr, wenn durch das Ende einer Vertragsbeziehung oder ein Ausscheiden des Kunden aus dem Bestand eine Betreuung nicht mehr möglich ist. Nur für den Fall eines unverschuldet unerkannten Mangels bei den Grundlagen des Bestandsprovisionsanspruches billigt die Rechtsprechung – wie im Münchener Fall entschieden – dem Vertrieb ausnahmsweise Vertrauensschutz zu.
Im Ergebnis konnte also der Insolvenzverwalter des unseriösen Anlageunternehmens nicht aus der Not des sittenwidrigen Anlagemodells „seines“ Unternehmens eine Tugend des Rückzahlungsanspruchs machen. Dieser Weg dürfte damit auch in anderen Fällen versperrt sein, in denen zum Beispiel die geschädigten Anleger, die vom Initiator keine Befriedigung ihrer Ansprüche erreichen können, dessen (vermeintliche) Rückzahlungsansprüche gegenüber dem Vertrieb pfänden lassen. Nicht jeder Aufklärungsfehler beim Kunden führt daher auch zum Provisionsverlust.
Der Autor Professor Dr. jur. Thomas Zacher ist Partner der Kanzlei Zacher & Partner Rechtsanwälte, Professor an der FHDW in Bergisch Gladbach und Vorstandsmitglied im Rechtsforum Finanzdienstleistung e.V.