Rentenbeschlüsse: Wo bleibt der Aufstand der Jungen?

Noch teurer wird die Mütterrente. Etwa neun Millionen Rentnerinnen mit vor 1992 geborenen Kindern sollen mehr Geld bekommen, was vor allem deswegen problematisch ist, weil die jährlichen Kosten von rund sechseinhalb Milliarden Euro aus Beitragsmitteln der Rentenversicherung bezahlt werden.

Statt die Beiträge der wegen der niedrigen Arbeitslosigkeit gut gefüllten Rentenkassen zu senken, wie es das Gesetz verlangt, will Berlin den Wahlkampfschlager der Union mit dem Griff in die Rentenkasse bezahlen.

Zwar halten mehr als die Hälfte der Deutschen nach einer Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) die Mütterrente für gerecht, doch wäre der Einsatz von Steuermitteln adäquat gewesen.

Wenn der Beitragssatz zur Rentenversicherung auf dem derzeitigen Niveau von 18,9 Prozent festgeschrieben werden soll, bedarf es einer Gesetzesänderung, da die Beiträge nach geltendem Recht auf 18,3 Prozent gesenkt werden müssten.

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat jetzt darauf aufmerksam gemacht, dass ein Gesetz noch bis zum Jahresende verabschiedet werden muss, wenn es noch rückwirkend zum 1. Januar 2014 greifen sollte.

Gefahr eines rechtswidrig festgelegten Beitragssatzes

Die Koalition hat freilich einen anderen Zeitplan. Ein gemeinsamer Gesetzentwurf soll in erster Lesung zwar schon am 19. Dezember beraten werden, die Schlussabstimmung ist aber für den Anfang des nächsten Jahres gedacht.

Für rechtlich fragwürdig hält dieses Vorgehen auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die vor einem rechtswidrig festgelegten Beitragssatz warnt. Auch der Sozialbeirat der Bundesregierung kritisiert die Aushebelung des Grundgesetzes.

Bei einer nachträglichen Aufwertung von Versicherungszeiten mit niedrigen oder gar keinen Beitragszahlungen drohen auch teure Mitnahmeeffekte, da auch Rentenanwartschaften von Personen angehoben werden, die bereits ausreichend versorgt sind. Einen Schutz gegen Altersarmut stellt diese Maßnahme jedenfalls nicht dar.

Was vor der Wahl bei den einen „Lebensleistungsrente“, den anderen „Solidarrente“ hieß, soll auch kommen. Eine Zuschussrente von 850 Euro, die aber Geringverdienern nur dann gewährt wird, wenn sie privat vorgesorgt haben.

Ein ebenso bescheidenener wie wirkungsloser Ansatz, auf Umwegen die private Vorsorge zu fördern. Michaela Coppola, die Rentenexpertin am Max-Planck-Institut, lässt sich mit dem Satz zitieren: „Die, die heute schon privat vorsorgen, brauchen keine Mindestrente. Und die, die sie bräuchten, sorgen nicht vor.“ Man kann ihr bei dieser Analyse kaum widersprechen.

Absage an Schröder und Riester

Mit den Rentenbeschlüssen wird endgültig Abschied von zwei wegweisenden und Deutschlands internationale Wettbewerbsfähigkeit steigernden Reformen genommen. Von der Agenda 2010, die mit der Rente mit 67 das demographische Problem des Landes angegangen war und von der sogenannten „Riester-Rente“.

Seite drei: Verheerendes psychologisches Signal

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