Laut einer Untersuchung der Initiative Finanzmarktwächter ist nahezu jedes zweite Produkt, das Verbrauchern zur Anlage empfohlen wird, nicht bedarfsgerecht. Eine der Ursachen ist laut Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) die schlechte Beratungsqualität.
Die Initiative Finanzmarktwächter des VZBV und der Verbraucherzentralen hat für die Studie 298 Fälle aus der Beratungspraxis von fünf Verbraucherzentralen untersucht. Hierbei wurde laut VZBV geprüft, ob die Geldanlagen und Altersvorsorgeverträge, die die Ratsuchenden zum Zeitpunkt der Beratung schon besaßen oder die ihnen aktuell von Banken und Finanzvertrieben angeboten worden waren, dem individuellen Bedarf entsprechen.
Bei den bereits erworbenen Produkten seien 42 Prozent nicht bedarfsgerecht, bei jedem zweiten liege dies an den zu hohen Kosten. Bei den aktuell und neu angebotenen Produkten verfehlen laut VZBV sogar 87 Prozent den Bedarf der Kunden. Auch hierfür sind demnach in 73 Prozent der Fälle die zu hohen Produktkosten verantwortlich.
„Unsere Beobachtungen sind alarmierend, zumal das Verhalten der Finanzberater in vielen Fällen direkt zu Lasten der privaten Altersvorsorge der Sparer geht“, kommentiert Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
VZBV kritisiert Beratungsqualität
„Finanzberater sind heute in Wirklichkeit keine Berater, sondern schlicht Verkäufer“, sagt Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzen im VZBV. In der Anlageberatung führe insbesondere der provisionsbasierte Vertrieb zu Interessenkonflikten, die in Fehl- und Falschberatungen münden. Die angebotenen Produkte seien zudem häufig mit zu hohen Kosten belastet, die die Rendite schmälern.
Außerdem zeige die Untersuchung, dass Verbraucher, die sich zur Geldanlage und Altersvorsorge beraten lassen, nicht über die nötigen Kenntnisse verfügen, um komplexe Produkte und Anlagestrategien mit einem langen Zeithorizont selbst beurteilen und bewerten zu können. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sie darauf vertrauen, von Banken, Sparkassen oder Finanzvertrieben gut beraten zu werden, so der VZBV.
„Der Gesetzgeber geht einer Lösung dieser Probleme seit Jahren aus dem Weg. Dabei brauchen Verbraucher heute so dringend wie nie zuvor Beratung, auf die sie sich wirklich verlassen können“, sagt Dorothea Mohn.
VZBV fordert Überwachung der Beratung
Der VZBV nimmt die Untersuchung zum Anlass eine Empfehlung an die künftige Bundesregierung auszusprechen. Diese soll die Beratungsqualität stärken und sichern, zum Beispiel durch hohe Qualifikationsanforderungen, den Produktverkauf von der Beratung trennen und mehr Klarheit durch Informationsblätter schaffen.
Nach Ansicht des VZBV soll zudem eine „wirksame Aufsicht auf Ebene der Dienstleistung“ etabliert, also die Marktüberwachung auf die Qualität der Finanzberatung ausgedehnt, werden. Außerdem fordern die Verbraucherschützer die Einführung eines staatlichen Altersvorsorgefonds, der Verbrauchern einen unkomplizierten Zugang zu einem bedarfsgerechten privaten Basisprodukt zur privaten Altersvorsorge ermöglichen soll.
Die seit 2011 bestehende „Initiative Finanzmarktwächter“ der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Verbraucherzentralen beobachtet und analysiert den Markt, wertet Verbraucherfälle aus und entwickelt daraus Handlungsempfehlungen mit dem Ziel den Finanzmarkt verbraucherfreundlicher zu gestalten. (jb)
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