Allzu häufig verlassen sich Vermittler im Kapitalanlagevertrieb blind auf externe Gutachten und scheinbare Nachweise. Dabei liefert gerade die Begleitmusik zum Verkaufsprospekt zuweilen die Gründe, vorsichtig zu sein.
Gastbeitrag von VSH-Experte Ralf Werner Barth und Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala
An vielen außerbörslichen Anlageprodukten hat der Berater von heute schwer zu schleppen. Sie sind schwer verkäuflich geworden in letzter Zeit – kein Wunder nach den medienwirksamen Skandalen um Genussrechte, geschlossene Fonds oder Orderschuldverschreibungen. Solche Produkte sind erklärungsbedürftig, oft intransparent und: Stimmt das eigentlich alles, was da im Verkaufsprospekt steht?
Die Anbieter statten die Vermittler deshalb gleich mit Gutachten, Nachweisen und Prüfergebnissen aus. Vermittler, die glauben, dass durch dieses Mehr an Papier das Gesamtpaket leichter wird, die irren. Physisch wird es allemal schwerer, und ob ein Gutachten das Papier, auf dem es steht, auch wert ist oder ob der Berater sich dessen besser wieder gleich entledigen sollte, zeigt sich oft erst, wenn ein Schaden eintritt.
Dennoch: Jeder Berater ist gut beraten, sogar dazu verpflichtet, sich sorgfältig über das zu vermittelnde Produkt zu informieren. Aus Haftungsgründen. Er sollte ein steuerwirksames Produkt ohne Steuergutachten gar nicht erst anfassen. Er muss aber auch wissen, dass hinter den externen Produkt- und Plausibilitätsprüfungen wirtschaftliche Interessen stehen.
Berater müssen Produkt- und Plausibilitätsprüfung hinterfragen
Allgemein bekannt ist, dass sich Analysehäuser und vergleichbare Medien ihre Ergebnisse oder die Weiterverwertung bezahlen lassen. Bei Steuer- oder Rechtsgutachten fließen ebenfalls Gelder. Diese Zusammenhänge sind legitim, aber um es ganz klar zu sagen: Sie sind auch ein Einfallstor für Manipulationen.
Steuerberater, Notare und Rechtsanwälte sind Ehrenberufler. An ihrer Seriosität ist zunächst nicht zu zweifeln. Aber auch sie können irren, und manche irren eben etwas geschickter. Der Vermittler ist also bei komplizierten Produkten aufgefordert, noch mehr Sorgfalt walten zu lassen und auch die Begleitmusik kritisch zu hinterfragen.
Denn: Setzt er diese Gutachten, Nachweise und Prüfergebnisse in seinem Vermittlungsgespräch ein, erhebt er seine Funktion und sich selbst gegenüber dem Anleger zum Experten und steht damit auch für diese Papiere, respektive für die späteren Ergebnisse, in der Haftung. Im Zweifel nützt ihm da auch kein Haftungsdach.
Umkehrschluss: Hat der Berater das Gutachten nicht verstanden oder die Produkt- und Plausibilitätsprüfung nicht hinterfragt, sollte er sich vom Kunden schriftlich quittieren lassen, dass er diese Unterlagen dem Kunden mit der Erklärung, er soll sich selbst kundig machen, überlassen hat. Und zwar mit Datum, zwei Wochen vor Unterschrift auf dem Zeichnungsschein. Wahrscheinlich disqualifiziert sich der Vermittler mit solchen Praktiken dann eh und das wäre auch gut so.
Seite zwei: Was kann ein seriöser Vermittler tun, wenn er ein Produkt in sein Portfolio aufnehmen will?