Was passiert, wenn ein Stargeiger dunklen Anzug und Konzertsaal gegen Jeans und Metro-Eingang tauscht? Joshua Bell wagte das Experiment und geigte Undercover wie ein Straßenmusiker. Das Ergebnis war ernüchternd und ist zugleich ein Lehrstück darüber, wie Preise zustande kommen.
Die Rankel-Kolumne
Joshua Bell gilt als brillantester Geiger der Vereinigten Staaten. Wer ihn abends auf der Konzertbühne mit seiner Stradivari Stücke von Bach oder Schubert spielen hört, hat dafür mehr als hundert Dollar gezahlt.
Wäre der Klassikfan am nächsten Morgen mit der Metro unterwegs, hätte er das Vergnügen auch umsonst haben können: Bell stand eines Tages um zehn vor acht mit seiner Stradivari in der Station L’Enfant Plaza (Washington) und spielte berühmte und hochkomplizierte Stücke von Bach, Schubert und Co., eine dreiviertel Stunde lang.
In dieser Zeit gingen über 1000 Menschen vorbei, kaum jemand blieb stehen, und Bells Ausbeute belief sich auf ganze 32 Dollar und 17 Cent.
Hauptsache Qualität?
Die Musik war die gleiche wie im Konzertsaal, das Instrument war dasselbe, der Künstler spielte virtuos wie immer. Und doch verdiente Bell im Konzertsaal sicher mehr als fünfhundert Mal so viel. Den entscheidenden Unterschied macht nicht das Produkt selbst, sondern dessen Präsentation.
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Bell trug Straßenkleidung und Base Cap und stand nicht auf einer Bühne, sondern in einem zugigen Eingangsbereich. Das Beispiel zeigt: Es ist wichtig, ein gutes Produkt zu haben und kompetent zu sein. Richtig Geld werden Sie damit jedoch erst verdienen, wenn Sie beides richtig in Szene setzen! Daran lässt das Metro-Experiment, das Bell auf Anregung der renommierten Washington Post durchführte, keinerlei Zweifel.
Seite zwei: Der Preis der Inszenierung