„Der Wettbewerb um die guten Vermittler hat erst begonnen“

Im Cash-Interview spricht Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. (AfW), über die Wirkung von Image und Regulierung auf den Nachwuchsmangel in der Beraterschaft.

Frank Rottenbacher, AfW-Vorstand: „Die Skandale der letzten Jahre machen unsere Branche für junge Leute leider nicht interessant, obwohl sie hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten haben.“

Cash.: Aktuelle Umfragen gehen davon aus, dass rund 50 Prozent der Makler/Vermittler über 50 Jahre alt sind. Ist diese Zahl realistisch?

Rottenbacher: Im 6. AfW-Vermittlerbarometer haben über 40 Prozent der Vermittler angegeben, dass sie noch mehr als 15 Jahre in der Branche tätig sein wollen. Diese Zahl widerspricht der von Ihnen genannten Marke nicht.

Beide Zahlen sind besorgniserregend. Sie zeigen die Dringlichkeit auf, mit der sich alle Marktteilnehmer über Personalrekrutierung und –entwicklung Gedanken machen müssen. Der Wettbewerb um die guten Vermittler hat erst begonnen.

Was sind die Gründe des Nachwuchsmangels?

Zunächst gibt es keine klassische Ausbildung zum unabhängigen Vermittler beziehungsweise Berater. Inhaltlich sehr passende Ausbildungen wie zum Beispiel die „Kaufleute für Versicherungen und Finanzen“ oder „Bankkaufleute“ können von Vermittlern ohne weitere Unterstützung gar nicht durchgeführt werden. Es bleibt also häufig der Quereinstieg.

Inwieweit verstärkt das angeschlagene Image der Branche den Nachwuchsmangel?

Das Image ist sicher ein wichtiger Grund. War zum Beispiel die Ausbildung zum Bankkaufmann früher ein sehr begehrtes Ausbildungsbild mit viel mehr Bewerbern als Ausbildungsplätzen, so hat sich dies in den letzten zehn Jahren stark gewandelt. Das negative Image der Banken durch die Enthüllungen der Finanzkrise führt dazu, dass auch Banken heutzutage nach guten Azubis suchen müssen.

Die Skandale der letzten Jahre machen unsere Branche für junge Leute leider nicht interessant, obwohl sie hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten haben. Denn durch die bereits angesprochene Überalterung unserer Branche können junge, gut ausgebildete Vermittler in absehbarer Zeit die Bestände, die Agentur, das Unternehmen ihres Ausbilders übernehmen und weiterführen. Welche andere Branche bietet solche Möglichkeiten?

Könnte Ihrer Meinung nach eine branchenübergreifende Imagekampagne hilfreich sein, um das Interesse junger Menschen zu wecken? 

Natürlich kann hier eine Imagekampagne helfen, sie muss dann aber auch ausreichend finanziert sein. Und hier scheitern Ideen in der Regel.

Wie wirkt sich die fortschreitende Regulierung auf die Nachwuchsmangel aus? 

Ich glaube fest daran, dass die Regulierungsmaßnahmen imagefördernd sind. Die schwarzen Schafe müssen durch die Regulierung die Branche verlassen. Und die komplexen Themen wie Altersvorsorge und Kapitalanlage verlangen nach Profis. Ein Umfeld von erfolgreichen und unabhängigen Vermittlern, die professionell agieren, erhöht garantiert die Attraktivität.

Interview: Julia Böhne

Foto: Christof Rieken

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