Finanzberater sind Erzeuger von Sparmotivation und oft auch Überbringer unangenehmer Wahrheiten. Dafür sollen sie nun bestraft werden.
Gastbeitrag von Michael Rentmeister, OVB
Der demografische Wandel führt zu einem kontinuierlich sinkenden gesetzlichen Rentenniveau. Wer nicht privat vorsorgt, dem droht Altersarmut. Angesichts des medialen Trommelfeuers gegen die Lebensversicherung, bei der über Kosten diskutiert wird, statt über die künstlich anhaltende Niedrigzinspolitik, stellen immer mehr Menschen das Sparen ein.
Wer die einfache Regel außer Acht lässt „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“, hat nicht verstanden, dass dies kein gangbarer Weg ist. Die Erkenntnis, dass Altersvorsorgeprodukte nicht automatisch nachgefragt werden ist nicht neu.
Vermittler erfüllen gesellschaftspolitisch wichtige Funktion
Dass Vermittler mit ihrer Dienstleistung eine gesellschaftspolitisch wichtige Funktion erfüllen ist Experten klar, Verbraucherschützern wohl eher nicht. Statt sich umfassend sachkundig zu machen, behaupten sie monoton, die Provisionen seien zu hoch. Das ist nicht nur falsch, sondern auch unangemessen.
Private Vorsorge ist komplex und stellt für die meisten Menschen eine große Hürde dar. Vermittler geben Hilfestellung, erzeugen Sparmotivation und sind Überbringer unangenehmer Wahrheiten, wenn sie in der Gegenwart zu Konsumverzicht ermutigen, damit in Zukunft der Lebensstandard gehalten werden kann. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld wächst der zeitliche Aufwand für Finanzvermittler, die Menschen von zusätzlicher privater Vorsorge zu überzeugen.
Lebensversicherungen bedürfen umfangreicher Erläuterungen
Lebensversicherungen, die zusätzlich zum Vermögensaufbau auch das Langlebigkeitsrisiko absichern, bedürfen umfangreicher Erläuterungen. Wenn derzeit überall der Eindruck erweckt wird, private Altersvorsorge mache keinen Sinn mehr, wenn die Zinsen auf niedrigem Niveau verharren, ist das verantwortungslos und macht die Aufgabe des Vermittlers noch wichtiger.
Wenn Kunden ihren Lebensstandard im Alter absichern wollen, ist es entscheidend, ob sie überhaupt vorgesorgt haben. Eine auf die Rendite verkürzte Sichtweise ist zwar einfach aber nicht mehr zeitgemäß.
In Deutschland rollt die Babyboomerwelle mit voller Wucht aufs Rentenalter zu. Demographisch sind sie das Problem. Für Politik und die Medien sind sie als Hauptzielgruppe in den Fokus gerückt. Wer sie für sich gewinnen will, darf ihnen alles sagen, nur nicht die Wahrheit.
Sündenbock Finanzdienstleistungsindustrie
Ich bin mir zum Beispiel sicher, dass die Rente mit 70plus kommen muss. Besser ist es aber wohl, die Finanzdienstleistungsindustrie zum Sündenbock zu machen anstatt Wahrheiten und Fakten zu benennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
OVB begrüßt ausdrücklich das Kernziel des LVRG (Lebensversicherungsreformgesetzes), die Versicherten vor den Folgen des politisch organisierten Niedrigzinsumfelds besser zu schützen. Der Rest ist kontraproduktiv.
Zusätzlich vorgesehene Regelungen unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes, wie etwa die unnötige Absenkung des Höchstzillmersatzes gefährden die qualitative bedarfsgerechte Beratung. Bleibt zu hoffen, dass der Kunde sich erinnert, wer dafür wirklich verantwortlich ist, wenn er auch hier am Ende – wie immer – die Zeche zahlt. Der Vermittler ist es sicher nicht.
Die Politik kennt alle Sachargumente. Leider genießen Hunderttausende qualifizierte Vermittler, deren Mitarbeiter, Familien und Zulieferer derzeit in Berlin als Überbringer unangenehmer Wahrheiten aber wohl keine Wertschätzung.
Michael Rentmeister ist Vorstandsvorsitzender der OVB Holding AG.
Foto: OVB