Sie waren für verschiedene Banken und eine große deutsche Investmentfondsgesellschaft tätig. Welche Erfahrungen bringen Sie mit?
Das größte ethische und moralische Problem der Finanzindustrie, der Banken und Sparkassen, ist der aktive Vertrieb von Finanzprodukten gegen Provision. Wer das System kennt, der weiß, dass es dabei natürlich nicht um Beratung geht, auch wenn propagiert wird, man würde im Interesse des Kunden handeln. Die umfänglichen Beratungsvorschriften, Protokolle und Dokumentationen, die die BaFin einführte beziehungsweise verlangt, sind ja ein gutes Zeugnis dafür, dass man den Anleger vor dem Vertrieb schützen muss.
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Hinzu kommt, dass die meisten Produkte der Finanzindustrie – hier spreche ich vor allem von einer großen Anzahl der aktiv gemanagten Fonds – kein Anleger nun wirklich braucht. Ich erlebte es eben zu oft selber, dass kreative Produktdesigner Fonds schon im Vorfeld so „hübsch“ machten, dass sie dem Vertrieb gefallen. Der Berater muss die bunten Prospekte dann dem Kunden am Ende vorlegen und ihn überzeugen, den neuen Fonds zu kaufen.
Qualitativ halten die meisten Produkte nicht das, was sie versprechen. Sie suggerieren nur, gut zu sein für den Anleger, das Interesse jedoch ist ein anderes, und dies liegt nicht unbedingt auf der Seite des Anlegers. Die Branche hat sich über die Jahre bewusst eine Art „Herrschaftswissen“ aufgebaut, was es bei Lichte betrachtet nicht ist. Denn Geldanlagen, Vermögensanlagen und Kapitalmärkte kann man recht einfach erklären, wenn man es denn will. Und ebenso gibt es einfache und sehr professionelle Produkte, mit denen man Lösungen erarbeiten kann. Diese sind dann aber oft nicht margenstark, werden somit nicht beraten, zum Nachteil der Kunden.
Wir als Alte Hasen – aber auch die von uns gewählten Vermögensverwalter – sind frei von jeder Form einer solchen Vertriebsmentalität.
Sie sind aktuell auf der Suche nach neuen „Alte Hasen“. Was sollten Kandidaten mitbringen?
Wir suchen in der Beraterschaft vor allem Berater mit Bankenhintergrund. Derzeit häufen sich die Anfragen auch von sehr hochrangigen Ex-Bankern, bis hin zu Vorständen von Banken. Man sollte also schon das Bankgeschäft gut kennen, zudem eine Affinität auch zu den Börsen, den Kapitalmärkten haben.
Jedoch sind auch Kreditleute willkommen, denn hier findet man ein breites Feld der Betätigung bei uns, zu oft sind die bestehenden Immobilienfinanzierungen unserer Kunden stark fehlerbehaftet. Hier können wir helfen.
Aber auch Mitarbeiter aus der Versicherungsbranche nehmen wir gerne auf, so diese denn heute wirklich frei sind von einer Gesellschaft und Verkauf, unseren Kunden also gegen Honorar mit deren Expertise zur Verfügung stehen wollen.
Interview: Julia Böhne
Foto: Alte Hasen GmbH