Unter folgenden Kriterien können Finanzberater Finetrading guten Gewissens empfehlen:
- Kunde kauft innerhalb eines verhältnismäßig kleinen Zeitraums große Mengen ein. Beispielsweise wenn die Preise für an der Börse gehandeltes Material (Aluminium) niedrig sind, oder wenn Holz im Winter geschlagen wird.
- Das Unternehmen wartet auf Restposten oder andere Schnäppchen. Beispielsweise Autohändler, die große Mengen Re-Importe zum günstigen Preis aufkaufen.
- Firmen übernehmen häufig Lagerbestände anderer und müssen eine große Menge Handelsware auf einen Schlag zwischenfinanzieren.
- Der Betrieb macht einen großen Teil seines Geschäfts während einer bestimmten Saison. Das betrifft Unternehmen in der Baubranche oder im Solargeschäft, aber auch etwa Streusalz-Händler.
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Firmen bekommen bei den meisten Finetradern bonitätsabhängig Einkaufslimite zwischen 50.000 und 300.000 Euro. Das eigene Ausfallrisiko minimiert der Dienstleister in der Regel, indem er umfangreiche Bonitätsprüfungen durchführt und jede Transaktion mit einer Warenkreditversicherung unterlegt.
Die Vorteile des Finanzinstruments liegen für Unternehmen auf der Hand: Sie gewinnen bis zu drei Monate Zeit, schonen ihr Banklimit und verbessern damit ihr Rating. „Letztlich erhöhen Firmen ihre Flexibilität und ihre finanzielle Handlungsfähigkeit“, fasst Jenette zusammen.
Nur für solide Unternehmen
Diese Art der Warenfinanzierung ist aber nur etwas für solide Unternehmen. Die Dienstleistung soll nicht als „letzter Strohhalm“ für marode oder in Sanierung befindliche Firmen verstanden werden. „Durch das im Vergleich zum Bankkredit kurze Zahlungsziel und die bonitätsabhängigen Kosten ist Finetrading nur etwas für Unternehmen, die Wachstum finanzieren wollen und einen guten Cashflow haben“, erklärt der ehemalige Banker.
Für Finetrading gibt es in Deutschland wenige etablierte Anbieter. Und auch hier unterscheiden sich die Zahlungs- und Auswahl-Prozesse im Detail. Als etablierte Beispiele sind etwa die Handelskontor AG, die Deutsche Finetrading AG und Siemens Financial Services zu nennen.
Daniela Reichart ist Wirtschaftsjournalistin aus dem Kreis Göppingen nahe Stuttgart. Bereits während ihres Studiums (B.A. Germanistik und Politikwissenschaft) arbeitete sie bei Zeitungen, absolvierte Praktika sowie Volontariat und arbeitet heute für unterschiedliche Fachmagazine mit technischem und wirtschaftlichem Schwerpunkt.
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