Reform der Erbschaftsteuer: Die Große Koalition auf dem Holzweg

Politiker der Großen Koalition wollen das bisherige Erbschaftsteuersystem beibehalten und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 durch Detailkorrekturen umsetzen. Dass dieser Weg nicht zielführend ist, zeigt eine Detailanalyse des Urteils anhand eines Beispielsfalls.

Gastbeitrag von Dr. Anton Steiner, Deutsches Forum für Erbrecht e.V.

„Der Weg, den die Große Koalition beschreiten möchte, ist tückisch.“

Beispiel: Unternehmer U hat einen Autozulieferbetrieb, den bereits sein Vater gegründet hatte, erfolgreich ausgebaut und will ihn nun an seinen Sohn S weitergeben. Der Marktwert des Unternehmens beträgt 200 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 150 Millionen Euro und 500 Mitarbeitern.

Bisheriges Recht

Wenn der Sohn S nach der Unternehmensübergabe den Betrieb sieben Jahre lang mehr oder minder unverändert fortführt, fällt keine Erbschaft– bzw. Schenkungsteuer an.

Wer hingegen als Sohn anderes Vermögen, beispielsweise Gewerbeimmobilien im Wert von 200 Millionen Euro, erhält, zahlt hierfür 60 Millionen Euro Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer.

Es liegt auf der Hand, dass dieser hohe Besteuerungsunterschied mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung kollidiert, ein Besteuerungsgrundsatz, der aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung (Artikel 3 Grundgesetz) resultiert.

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Daher verwundert es nicht, dass das Bundesverfassungsgericht diese Regelung verworfen hat und dem Gesetzgeber Folgendes ins Hausaufgabenheft geschrieben hat:

– Er darf zwar zum Schutz des Unternehmens und der damit verbundenen Arbeitsplätze eine Steuerverschonung gewähren, sogar bis zu 100 Prozent.
– Dies müsse aber bei großen Unternehmen an eine Bedürfnisprüfung im Einzelfall geknüpft werden.

Der Weg der großen Koalition

Der Weg, den die Große Koalition beschreiten möchte, ist der, neue Verschonungsregelungen für große Unternehmen einzuführen. Er ist tückisch: Um bei Erbe oder Schenkung größeren Unternehmen Steuerverschonung gewähren zu dürfen, muss der Gesetzgeber nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Rz. 175 des Urteils) in eine Einzelfallprüfung der Verschonungsbedürftigkeit eintreten.

Seite zwei: Was bedeutet dies konkret im Beispielsfall?

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