Sollte Großbritannien in Sachen Regulierung der Beratungsvergütung also ein Vorbild für Deutschland sein?
Wir sind keine Verfechter eines klaren Provisionsverbots, da dies für die Etablierung der Honorarberatung auch nicht zwingend erforderlich ist. Insofern kann und sollte Deutschland durchaus seinen eigenen Weg in Sachen Regulierung der Beratungsvergütung gehen, so wie das bisher mit der Einführung des Honoraranlageberatungsgesetzes ja auch geschehen ist.
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Die Regierungsparteien im Deutschen Bundestag halten derzeit – und das ist im Koalitionsvertrag auch so fixiert – die Koexistenz beider Vergütungsformen für geeignet, den Wettbewerb um den Kunden entscheiden zu lassen. Das ist marktwirtschaftlich ein starkes Argument und mit Sicherheit auch aus Sicht des Verbraucherschutzes sinnvoll. Es sollte lediglich sichergestellt werden, dass der Kunde in einem Honorar-Provision-Mischmodell nicht übervorteilt werden kann.
Die Versicherungsberatung gegen Honorar ist bisher in Paragraf 34e GewO geregelt. Sollte eine weitere gesetzliche Regelung der Honorarberatung zu Versicherungen geschaffen werden?
Im Hinblick auf den bestehenden „regulatorischen Flickenteppich“ ist aus unserer Sicht eine zukünftige Regelung für Honorarberater erforderlich, die ausnahmslos alle Finanzprodukte umfasst. Die Vorschriften für den Honorar-Anlageberater und den Honorar-Finanzanlagenberater beziehen sich derzeit ja nur auf Wertpapiere und Vermögensanlagen, nicht aber auf andere Kapitalanlagen wie Versiche-rungen, Bausparpläne oder Einlagekonten.
Genau das hebelt die Ursprungsidee der Honorarberatung leider aus: Honorarberater sollen unabhängige Konzepte für eine vollumfängliche Finanzplanung ihrer Kunden erstellen. Hierfür ist eine vollumfängliche Beratung erforderlich. Deshalb soll ein Honorarberater auch zu allen Finanzprodukten provisionsfrei beraten können und müssen. Ein Oberbegriff „Honorarberater“ für Berater mit Zulassungen für all diese Tätigkeitsbereiche wäre wünschenswert.
Wie wird sich die Honorarberatung in Deutschland in den kommenden fünf bis zehn Jahren entwickeln?
Wir sind optimistisch, dass wir – eine fortlaufende Koexistenz von Provision und Honorarberatung unterstellt – in fünf bis zehn Jahren den Anteil der Honorarberatung auch in Deutschland auf 15 bis 20 Prozent erhöhen können. Wenn Sie sich in Europa und International umschauen, so ist die Honorarberatung zweifelsohne ein klassischer, starker Wachstumsmarkt in der Zukunft ähnlich der Digitalisierung etwa.
Die Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II erfordert bereits im Laufe der kommenden zwei Jahre eine klare Unterscheidung zwischen unabhängiger und nicht-unabhängiger Beratung. Hierbei ist definiert, dass „unabhängige“ Beratung in Zukunft vollständig provisionsfrei und damit ausschließlich gegen Honorar durchzuführen ist.
Ein Umstand, den derzeit eindeutig nur der „Honorar-Finanzanlagenberater“ und der „Honorar-Anlageberater“ erfüllen. Dennoch sind bei der Umsetzung der MiFID II in nationales Recht natürlich noch nicht alle Detailfragen geklärt – es bleibt also spannend.
Interview: Julia Böhne
Foto: Bundesinitiative der Honorarberater