Ruhestandsplanung steht in Deutschland noch im Schatten der „großen Schwester“ Altersvorsorge. Nur wenige Berater beschäftigen sich derzeit mit dem Konzept der ganzheitlichen Beratung für den Ruhestand. Das muss sich ändern, denn der Beratungsbedarf ist riesig, meinen die vier Experten.
Cash.: Die Begriffe Altersvorsorge und Ruhestandsplanung werden in den Medien häufig synonym verwendet. Was sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Unterschiede?
Olaf Neuenfeldt: Es gibt keine allgemeingültige Definition der Ruhestandsplanung und auch die Altersvorsorge ist ein weites Feld. Um beide Begriffe streng voneinander abzugrenzen, kann man festhalten, dass die Altersvorsorge ein Sparprozess ist, der bis zum Ruhestand dauert, während die Ruhestandsplanung ein Beratungs- beziehungsweise Planungsprozess ist, der kurz vorm oder im Ruhestand beginnt und deshalb ganz anderen Prämissen unterliegt. Man plant dann nicht mehr bis zum Ruhestand, sondern sozusagen bis zum Todesfall.
Die Zielgruppe ist auch eine völlig andere: Ein 25-Jähriger hat andere Bedürfnisse als ein 60-Jähriger und befindet sich in einer anderen Lebenssituation. In der Ruhestandsplanung ist die Lebenserwartung als Chance und zugleich als Risiko zu betrachten. Themen wie Testament, Verfügung, Vollmachten, die wir in der Initiative Ruhestandsplanung „Störfaktoren“ nennen, sind wesentliche Beratungsthemen. Die Unterschiede zur Altersvorsorge sind also sehr groß.
Franz-Josef Rosemeyer: Es existiert tatsächlich keine einheitliche Definition der Ruhestandsplanung. Die Unterschiede zur Altersvorsorge lassen sich jedoch leicht herausarbeiten. Die Altersvorsorge beginnt mit dem ersten Euro, den jemand durch regelmäßiges Erwerbseinkommen verdient, weil er eben ab dann für sein Alter vorsorgen muss. Da ist das Thema Ruhestandsplanung noch ganz weit weg. Dennoch würde ich die Ruhestandsplanung noch etwas früher ansetzen als Herr Neuenfeldt.
Meiner Meinung nach sollte sie nicht erst kurz vor der Rente beginnen, sondern schon etwa zehn Jahre bevor der Ruhestand erreicht wird. Die Menschen befinden sich noch in der Ansparphase, verfügen über ein regelmäßiges Einkommen und haben noch die Möglichkeit, die Weichen zu stellen, die sie im Ruhestand in die richtige Richtung führen sollen. Hierbei geht es darum, die Liquiditätsströme mit dem Bewusstsein zu steuern, dass man regelmäßige langfristige Ausgaben bis zum Tod haben wird und daher auch langfristige Einnahmen haben muss. Das sollte besser bereits vor dem Beginn des Ruhestands eingeleitet werden.
Seite zwei: „Ruhestandsplanung bietet neue Chancen“