Welche rechtlichen Folgen die „blinde“ Unterschrift eines Anlegers unter eine Beratungsdokumentation inklusive Risikohinweise hat, kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall beantwortet werden.
Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem jetzt veröffentlichten Leitsatz-Urteil zur Haftung eines Anlagevermittlers in Zusammenhang mit einem geschlossenen Fonds (III ZR 296/15).
Demnach muss in einem solchen Fall „aufgrund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls“ entscheiden werden, ob aus der „blinden“ Unterschrift unter die Beratungsdokumentation eine grob fahrlässige Unkenntnis von Risiken resultierte, stellt der BGH als „Fortführung“ eines Urteils vom März 2017 zur Unterschrift unter den Zeichnungsschein klar.
Die Frage, ob Risikohinweise grob fahrlässig ignoriert wurden, ist in dem entschiedenen Fall für die Verjährung von Ansprüchen aus Beratungshaftung relevant. Solche Ansprüche verjähren drei Jahre nach Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des (einzelnen) Beratungsfehlers, andernfalls erst zehn Jahre nach der Zeichnung.
Kein Automatismus
In dem Fall war die Beratungsdokumentation inklusive Risikohinweise offenbar in dem dreiseitigen Zeichnungsschein enthalten gewesen und von dem Kläger sowie seiner Frau ungelesen unterschrieben worden.
Vereinfacht ausgedrückt, kann laut BGH in einem solchen Fall weder automatisch grobe Fahrlässigkeit noch generell das Gegenteil unterstellt werden. Vielmehr sei eine „umfassende Würdigung des Einzelfalls“ erforderlich, unter anderem zu der grafischen Auffälligkeit der Hinweise, dem Inhalt des Beratungsgesprächs sowie des Bildungs- und Erfahrungsstandes des Anlegers.
Der BGH wies den Fall an das OLG München zurück, das den Anspruch abgelehnt hatte und nun gegebenenfalls auch unter Hinzuziehung von Zeugen untersuchen muss, ob die Beratung insgesamt korrekt war.
Seite zwei: Vermittlung an Schwiegereltern