Burn-out: Den Kulturwandel leben

Die Zahl der Menschen mit Burn-out steigt stetig. Gerade in der Finanzbranche sind viele Arbeitnehmer betroffen. Welcher Auftrag sich daraus für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ableiten lässt, erklärt Mareike Fell, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Trainerin und Beraterin, im letzten Teil der dreiteiligen Serie auf Cash.Online.

Mareike Fell

Psychische Gesundheit liegt nicht allein beim Arbeitnehmer und auch nicht allein beim Arbeitgeber – es ist vielmehr ein Hand-in-Hand, bei dem im Idealfall beide Seiten profitieren. Parallel zum Anstieg an Ausfällen durch Burn-out haben Unternehmen heute vermehrt mit zwei Phänomenen zu tun: Zum einen mit Absentismus (umgangssprachlich auch krankfeiern), der unter anderem als Indikator für die Qualität der Arbeitsbedingungen, fehlende Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation gilt. Zum anderen ist das Phänomen des Präsentismus zu beobachten, also das Erscheinen am Arbeitsplatz trotz Krankheit.

Während Personen bei Absentismus weniger häufig von einem Burn-out bedroht sind, da sie sich – meist unbewusst – auf diese dysfunktionale Weise um sich selbst kümmern, sind Menschen bei Präsentismus deutlich mehr Burn-out-gefährdet, denn laut Elke Ahlers vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung sind die Ursachen des Präsentismus nicht nur auf die Angst vor einer möglichen Entlassung, sondern auch auf eine höhere Eigenverantwortlichkeit der Arbeitnehmer zurückzuführen. Auf den Auftrag, der sich aus dieser Eigenverantwortlichkeit für Arbeitnehmer ableiten lässt, komme ich später zu sprechen.

Ein hochwirksames Tool 

Das Phänomen des Absentismus und Präsentismus kostet ein Unternehmen weit mehr, als wenn es präventiv für ein gesundes Arbeitsklima sorgt. Der Anstieg an Menschen mit einem Burn-out gibt Unternehmen damit zum einen den Auftrag, dem Thema der psychischen Gesundheit mit einem Kulturwandel zu begegnen, der eine offene, wertschätzende Kommunikation ermöglicht. Ein Klima, in dem über Erschöpfung, Grenzen und Burn-out geredet werden kann, ohne stigmatisiert zu werden. Zum anderen stellt Burn-out den Auftrag, sowohl präventiv als auch mit gezielten wirksamen Interventionen und passenden Maßnahmen zu reagieren.

Was kann ich nun einem Unternehmen empfehlen, das die Fehlzeiten aufgrund psychischer Belastungen wie Burn-out reduzieren möchte? Neben begleiteten Kulturwandelprozessen, Informations- und Kommunikationstrainings ist zum Beispiel das EAP (Employee Assistance Program) ein hochwirksames Tool zur Stabilisierung und Sicherstellung der psychischen Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Dabei werden aber auch ihre Angehörigen in einem anonymisierten Verfahren durch externe Beratung zu beruflichen wie auch privaten Problemen qualifiziert beraten – sei es zu psychischen Belastungen, Stressmanagement, Schuldnerberatung, Konflikt- und Rechtsberatungen oder auch persönliche Entwicklungen. In Amerika seit den 1930er-Jahren üblich, entwickelt sich das EAP in Deutschland erst in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Globalisierung, Digitalisierung und den nötigen Umstrukturierungen rasant.

Seite zwei: Schwächen und Stolperfallen erkennen 

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