Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender Jung, DMS & Cie.: „Wenn man sich die Wahlprogramme der großen Parteien genauer ansieht, kann es einem um die Finanzdienstleistungsbranche tatsächlich angst und bange werden: Kein Plan für die Riester-Rente, staatlich kontrollierte Kranken- und Rentenversicherung – wohlklingend als Bürgerversicherung und Staatsfonds getarnt – statt PKV und private Altersvorsorge, Druck auf bestehende Vergütungsmodelle sowie Einschränkungen für die Immobilienbranche. Dazu kommt noch der linke Giftschrank mit Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Einführung einer Kapitalverkehrssteuer, Erhöhung des Spitzensteuersatzes und Abschaffung der Abgeltungssteuer. Daher erhoffe ich mir von jeder künftigen Bundesregierung steuerlichen Weitblick und den Erhalt persönlicher Freiheit in Sachen Wahl der (privaten) Alterssicherung und praktikable Regelungen, um das bewährte Leistungsniveau der privaten Krankenversicherung aufrechtzuerhalten. Auch im Immobilienbereich erhoffe ich mir Freiheit von staatlicher Regulierung über die Mietpreisbremse hinaus: Denn ich sehe nicht, wie mehr nötiger Wohnraum geschaffen werden soll, wenn gleichzeitig Mieten gedeckelt oder eingefroren werden. Denn wenn es sich nicht lohnt, werden Investoren – egal, ob Bauherren oder Anleger – schlicht nicht bauen oder renovieren. Insofern ist mein größter Wunsch an die künftige Bundesregierung, dass in allen Finanz- und Versicherungsangelegenheiten die marktwirtschaftliche Vernunft überwiegt. Sonst könnte sich im Extremfall jeder zweite Vermittler aus dem Markt verabschieden (müssen).“
Klaus Hermann, Versicherungskaufmann und Entertainer: „Meine Erwartungshaltung an die neue Bundesregierung ist natürlich stark abhängig vom Ausgang der Wahl. Unabhängig davon darf es Betrügereien wie bei Cum-Ex nie wieder geben. Darüber hinaus brennt in mir der Wunsch nach weniger regulatorischen Maßnahmen für die klassische, tägliche Kundenberatung. In der Finanzdienstleistungsbranche hat es in den letzten zehn Jahren eine inflationäre Entwicklung der Eingriffe in unseren Arbeitsalltag gegeben. Das eine oder andere macht Sinn, aber eine Menge ist schlichtweg für die Tonne. Sollte es eine Union geführte Bundesregierung geben, wird es vermutlich, wie in anderen Bereichen auch, größtenteils so weiter gehen wie bisher. Gut für unsere Branche – schlecht für den Planeten. Im Falle einer sozialdemokratischen Mehrheit werden die Themen Bürgerversicherung und Honorarberatung auf den Tisch kommen. Bei allem Verständnis und Befürworten von dringend notwendigen Veränderungen in vielen existenziellen Themen erwarte ich bei dieser Regierungskonstellation, dass die Verantwortlichen die gescheiterten Feldversuche der europäischen Nachbarn in Sachen Bürgerversicherung und Provisionsverbot zu Kenntnis nehmen. Danach kann und darf die Erkenntnis nur sein: Wenn eine Bürgerversicherung nicht zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgungssituation führt – Finger weg. Die Honorarberatung führt zu einer massiven Unterversorgung der einkommensschwachen Bürger, siehe Auswirkungen in Großbritannien. Wer hier dennoch ein Systemwechsel herbeiführen möchte, handelt nicht sozial, sondern rein ideologisch.“
Jörg Kintzel, Vorstand Valuniq AG: „Die neue Bundesregierung steht nach der Koalitionsbildung vor großen Aufgaben. Mit Blick auf ein austrocknendes Rentensystem muss sie schon bald einen Weg aufzeigen, wie Menschen sich für das Alter privat absichern können, weil die öffentliche Rente nicht ausreichen wird. Dazu muss die Regierung Anreize schaffen, wie sich Kapital aufbauen und Altersarmut vermeiden lässt. Die neue Führung dieses Landes muss endlich akzeptieren, dass die öffentliche Hand allein dieses Problem nicht bewältigen wird. Dazu braucht es Finanzbehörden, die effektiver und konstruktiver mit den Bürgern zusammen arbeiten, die Gesetze kennen und anwenden können und die privatwirtschaftlichem Engagement zur Vorsorge nicht im Weg stehen, sondern dieses fördern. Natürlich braucht es Prüfungsmechanismen, die zum Beispiel Konzerne, deren Produkte sich an den Geldern der Kunden bedienen, besser kontrolliert und damit auch jenen den Weg frei macht, die ehrlich daran interessiert sind, den Menschen mit transparenten Finanzprodukten zur Seite zu stehen. Leider jedoch hat der Finanzsektor insgesamt in der deutschen Politik seit der Finanzkrise einen schweren Stand. Doch das ist 13 Jahre her. Umso wichtiger ist, dass die Regierung sich diesem Sektor künftig wieder zuwendet und ihn anerkennt als wichtigen Wirtschaftszweig, zum Beispiel auf dem Gebiet der privaten Altersvorsorge. Die Finanzwirtschaft zu verteufeln und ihr mit überbordenden Regulierungen das Leben schwer zu machen, ist der falsche Weg.“
Georg Kornmayer, Geschäftsführer Fondsnet Vermögensberatung- und verwaltungs GmbH: „Wie in jedem Unternehmen würde ich mir auch von der Bundesregierung eine größere Bereitschaft wünschen, regulatorische Maßnahmen zu überdenken, anzupassen oder gar zurückzunehmen, wenn diese sich in der Praxis als weniger sinnvoll erweisen. Ein Beispiel ist hier das Taping, das sicher nicht den erhofften Mehrwert zusätzlicher Sicherheit bewirkt. Im Gegenteil: Für die Kunden ist das Taping eher irritierend und schürt eher das Misstrauen gegenüber der Finanzberatung. Ein Kern des Problems liegt dabei auch in der fehlenden Finanzbildung der Gesellschaft. Hier besteht ein enormer Handlungsbedarf, insbesondere über schulische Angebote. Schon die junge Generation sollte sich mit den Themen Finanzplanung, Geldanlage und Altersvorsorge auseinandersetzen, um so in in der Lage zu sein, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Ein regulatorischer Eingriff des Gesetzgebers wäre dann weit weniger notwendig.”
Dr. Bernward Maasjost, Vorstandsvorsitzender PMA Finanz- und Versicherungsmakler: „Es geht nach der Bundestagswahl vor allem darum, einer überregulierten Branche nicht noch weitere Fußfesseln anzulegen. In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben 25 Expertinnen und Experten von Versicherungen, Kreditinstituten, Vertrieben, Maklerorganisationen, Verbänden und der Wissenschaft zwei DIN-Normen zur Finanz-und Risikoanalyse für Privathaushalte, KMU und Selbständige vorgelegt. Diese standardisierten Verfahren, orientiert am individuellen Bedarf und dem Motto ‚Weg vom Produkt- und hin zur Beratung‘ zeigen, dass die Branche in der Lage ist, wichtige Dinge nachprüfbar und transparent für Kunden und Unternehmen selbst zu regulieren. Die Politik wäre gut beraten, sich mit diesen ersten Finanzdienstleistungsnormen, die für eine Qualitätsoffensive in der Beratung stehen, intensiv zu befassen anstatt noch mehr Bürokratie, Komplexität und damit Kosten für die Finanzvermittlung in Gesetzesform zu gießen. Überregulierung schreckt zudem Bürger und Unternehmen ab, die wir eigentlich – auch aus sozialpolitischen Gründen – ermuntern sollten, ausreichend in die private Daseins- und Altersvorsorge zu investieren. Auch vom GDV wünsche ich mir hier größere Unterstützung. Die Beratung nach DIN-Norm verbessert nicht nur das leider durch einige wenige schwarze Schafe geprägte Branchenimage. Sie wirkt sich auch positiv auf die Wirtschaftlichkeit für die Vertriebe aus, erhöht die Zufriedenheit beim Kunden und damit die Weiterempfehlung an seriöse Anbieter.“
Norbert Porazik, Geschäftsführer Fonds Finanz Maklerservice GmbH: „Mir liegt mir sehr viel daran, dass die künftige Bundesregierung die Interessen der Makler sowie die der gesamten Finanzdienstleistungsbranche respektiert. Dazu gehört vor allem die Achtung geltender Gesetze und Rechte wie die Vertrags- und Berufsfreiheit. Der genaue Blick auf die Wahlprogramme einiger Parteien zeigt, dass die gestellten Anforderungen an die Branche sich auf den Berufsstand des Maklers sehr negativ auswirken würden. Deshalb lautet mein Appell an alle Branchenteilnehmer, sich an der Bundestagswahl zu beteiligen und im Vorfeld gut zu informieren. Unser Wahl-O-Mat für Makler dient hier als Orientierungshilfe. Zudem haben wir die Übersichten vom Votum-Verband und dem Bundesverband AfW aufgenommen. So kann jeder auf einen Blick erkennen, welche Partei mit welcher Haltung zu diversen Branchenthemen steht. Die nächste Regierung sollte unbedingt von branchenhinderlichen Regulierungen absehen und vielmehr dem Markt die Möglichkeit lassen, sich durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage selbst zu regulieren. Sollte eine neue Regierung versuchen, außerhalb ihrer Kompetenzen wieder einmal Gesetze zu erlassen, werden wir im Vorfeld auf die Abgeordneten und die Regierung zugehen und ihnen mit Gutachten verdeutlichen und erklären, dass sie sich außerhalb der Verfassung bewegen. So oder so werden wir unter allen Umständen die Interessen der Makler mit allen unseren Mitteln verteidigen und für jede neue Konstellation für unsere Makler Lösungen finden.“
Zusammengestellt von Kim Brodtmann, Cash.
Fotos: Alexander von Spreti, Klaus Hermann, Valuniq, Fondsnet, PMA, Fonds Finanz